In meinem letzten Beitrag ging es darum, ob wir in einer Beziehung eher die Unterschiede oder die Ähnlichkeiten wahrnehmen und ich beschrieb, dass ich vor allem auf das schaue, was verbindend ist. Das klingt erstmal ganz nett, aber genau darin steckt durchaus auch eine Tücke.
Wenn uns Ähnlichkeiten wichtig sind und wir unser Nähe- und Zugehörigkeitsgefühl durch eben solche verbindenden Elemente befriedigen möchten, kann es leicht passieren, dass wir uns Unterschiede schön reden. Ganz nach dem Motto „Was nicht passt, wird passend gemacht.“ ignorieren wir dann möglicherweise bestehende Unterschiede oder machen sie in unserer Vorstellung immer kleiner. Wir versuchen dann vielleicht mehr oder weniger unbewusst, den anderen zu verändern, also hier und da ein bisschen rundzuschleifen, wo Kanten stören, und manchmal setzen wir sogar zu gröberen Anpassungsmaßnahmen an. Tja, und wenn ich ehrlich bin, kenne ich dieses Verhalten das auch von mir selbst …
Ganz abgesehen davon, dass wir auf diese Weise den anderen natürlich nicht in seinem Sein annehmen, führt diese Strategie auf Dauer eben genau nicht zu der von uns gewünschten Nähe, sondern oft zu immer mehr Abstand, weil die Beziehung von innen hohl wird und irgendwann nur noch Fassaden stehen.
Wirklich zu lieben, das wird mir immer klarer, ist nur möglich, wenn wir den anderen sein lassen können, wie er ist – genau so, wie wir uns nur wirklich geliebt fühlen können, wenn wir angenommen werden, wie wir sind.
Ich denke, es wird immer wieder Menschen geben, mit denen wir nur wenig Nähe erleben können, egal wie viel wir für sie empfinden oder wie wichtig sie für uns sind. Und das einfach deshalb, weil uns Welten trennen.
Während ich früher versucht habe, jeden noch so breiten Graben mit der Kraft meines Willens zu überwinden ( … und das für Liebe hielt … ), bin ich heute bereit, Unterschiede und Abstand zu akzeptieren und zwar ohne Dauerschmerz und Verbitterung. Und da kommt die Achtsamkeit ins Spiel: Wenn ich ein Anderssein einfach nur wahr- und annehmen kann – das Anderssein des anderen und auch mein eigenenes – fällt die Bewertung weg, wer denn nun „richtiger“ ist. Wir sind dann beide, wie wir sind, und können immer wieder neu schauen, wie viel Kontakt uns möglich ist, ohne dass sich einer von uns verstellen oder verbiegen muss.
Nähe ist für mich etwas sehr Wertvolles, aber inzwischen will ich sie nicht um jeden Preis!
Liebe Tania,
dein Beitrag öffnet mir gerade eine freiere Sicht. Genau dieses Thema ist derzeit unter anderem auch meines. Abstand halten, das geht noch nicht so ganz und ich habe noch nicht ganz klar, wie ich es schaffe, mich nicht weiter zu verbiegen. Aber da ich „mein achtsames ICH“ zur Zeit verinnerliche, nicht nur lesend ;-), bin ich zuversichtlich.
Danke für das Teilen deiner Gedanken und Empfindungen, du sprichst mir so oft aus der Seele.
liebe Grüße Sonja
Liebe Sonja,
herzlichen Dank für Deine Zeilen, ich freu mich sehr über Deine Rückmeldung.
Alles Gute,
Tania