Gedanken zur Gelassenheit

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Gedanken zur Gelassenheit

Gelassenheit war immer etwas für mich, für das ich andere bewundert habe und das mir außerordentlich erstrebenswert erschien. Sie stand für mich für Ruhe, Stärke, Besonnenheit und Urvertrauen. Naturgemäß ist mir Gelassenheit eher nicht gegeben, dazu habe ich einen zu unruhigen Geist. Aber ich habe in den letzten Jahren viel an meiner Einstellung und auch meiner Vertrauensfähigkeit gearbeitet, so dass ich tatsächlich heute gelassener bin als ich es je für mich möglich gehalten habe. 

Das müsste etwas Gutes sein, nicht wahr? Aber mir kommen gerade einige Zweifel. 

Ja, Gelassenheit für zu mehr innerer Ruhe und weniger Kopflosigkeit. Gefühle von Stress und Angst sind geringer und ich kann besonnener reagieren. Ich spare Kraft und Energie und die Ausschläge des Lebens erscheinen mir weniger stark. 

So gut das klingt, so macht sich doch zunehmend ein „Aber“ in mir breit, denn selbst so etwas Positives wie gelassen zu sein hat einen Preis. Ich merke bei mir, dass mein Streben, gelassen zu reagieren, mich ein ganzes Stück vom Fühlen abschneidet. Wenn ich Gefühle wahrnehme, die meine Gelassenheit stören könnten, bremse ich mich immer öfter aus, zwar sanft, aber ich blocke diese Gefühle weich ab, um sie dann gleichsam umzuleiten in weniger bedrohliche Gebiete.

Aber, stopp mal, genau das wollte ich doch nicht mehr: mich vom Fühlen abhalten! 

Heute musste ich an eine Fahrt mit einem Karussell oder einer Achterbahn denken: Ist der Reiz einer solchen Fahrt nicht gerade der, dass man die Angst fühlt? Die Geschwindigkeit? Den kippenden Magen und die weichen Knie? Dass man brüllen will und lachen und außer sich ist? Dafür geht man doch genau in so eine Achterbahn und nicht, um unbeeindruckt in dem Wagen zu sitzen und sich zu sagen: „Also, darüber muss ich mich jetzt gar nicht aufregen, denn das ist ist alles TÜV-geprüft und die Reaktionen meines Körpers sind nur Reflexe, ich weiß es doch aber besser, denn Tausende von Menschen fahren hiermit jeden Tag und kommen heil wieder raus, außerdem dauert die Fahrt eh nur wenige Minuten und in absehbarer Zeit habe ich sie sowieso vergessen.“ Würde DAFÜR jemand Eintritt bezahlen? 

Zur Zeit bin ich in einer ausgesprochen unsicheren Lebenssituation, die mir noch in früheren Jahren so manchen hektischen Panik-Ausbruch beschert hätte. Heute sitze ich da und sage: „Wird schon werden.“ Bin das wirklich noch ich? Ich fürchte, ich muss wieder ein bisschen zurückrudern in Sachen Gelassenheit und mir wieder erlauben, mehr zu fühlen.

Ich darf Angst haben, wenn es wackelt und ich darf „Nein!“ kreischen, wenn ich etwas nicht will. Ich darf auch mal ungehalten sein und missmutig und ja, sogar destruktiv. All dass ist ok, denn es gehört zum Leben und zu mir dazu, vor allem in holprigen Zeiten. 

Was ich behalten möchte, ist das Urvertrauen, also die Überzeugung, dass alles irgendwie gut werden wird, auch wenn ich keine Ahnung habe, wie dieses „Irgendwie“ aussehen kann. Dieses Hoffnungsfundament in mir lasse ich nicht mehr los, aber die Fahrt selbst will ich mit allen Höhen und Tiefen erleben. Also: Reingesprungen in den Rummelplatz des Lebens und her mit dem Adrenalin!

5 Kommentare

  1. Liebe Tania!

    Danke von Herzen für deine Zeilen. Mir geht es gerade so mit dem großen Gefühl Liebeskummer. Alles schon mal gehabt, alles nichts Neues. Und ich ermahne mich deshalb zu Gelassenheit… und ja, auch ich sage mir: Wird schon werden.

    Trotzdem ist Liebeskummer eines der vielschichtigsten, irritierendsten und anstrengendsten Zustände und ich will schreien, nachdenken, wüten, weinen, lachen, still sein und all diese viele vielen Dinge. Ja, ich will mir all das erlauben. Weil es irgendwie dazugehört. Es wäre doch doof, wenn man lieben würde… und dann keine Enttäuschung spüren würde, wenn das Gegenüber nicht zurückliebt. Oder?

    Das Bild vom Kettenkarussell gefällt mir gut! Das nehme ich mit mir auf meinem Weg.

    Viele Grüße, Franziska

    • Herzlichen Dank, Franziska, für diese Zeilen. Ich finde es mutig und sehr lebensbejahend auch so ein starkes Gefühl wie Liebeskummer zulassen zu wollen. Für mich hat sich der Weg mitten rein in die Gefühle immer als der Beste (wenn auch nicht der leichteste) herausgestellt.

      Alles Gute,
      Tania

  2. Liebe Tania,

    wie wohltuend für mich, dies zu lesen. Ja, genau so empfinde ich und das wird mir gerade klar. Ich soll mich in Gelassenheit üben, o.k., seherisch ein. Aber: mir fliegt gerade mein Leben um die Ohren, in jeglicher Richtung. Ich weiß gerade gar nicht wo und wie es weitergeht, werde von außen „angegriffen“ usw. Und ich bin innerlich alles andere als gelassen. Bekomme kluge Ratschläge, wie ich das zu sehen und zu fühlen habe und innerlich könnte ich toben und schreien und noch viel mehr. Aha, das sind die Schatten, aha, die gilt es anzunehmen, auch o.k. Ich fühle aber gerade Aufruhr mit allem drum und dran. Und dann die Gedanken der Resonanaz, ja nichts denken, fühlen eitc. was negativ ist, kommt zurück… Wie froh bin ich, gerade jetzt deine Gedanken zu lesen, ja, genauso geht es mir und das ist Gut und richtig so, denn das bin ich auch.
    Ich danke dir von Herzen und wünsche dir alles Liebe.
    Iris

    • Ich sende Dir mal eine Extra-Portion Kraft um genau das leben zu können, was gerade ist.

      Alles Liebe,
      Tania

  3. Danke dir von ganzem Herzen und alles liebe auch für dich

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