Wo lang?

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Wo lang?

Es ist noch recht früh am Morgen. Draußen schüttet es wie aus Eimern. Ich sitze auf meinem Sofa, habe meinen Laptop auf dem Schoß und versuche zu planen. Ich mache mir Gedanken über meine nächsten Projekte. Was ich tun will, was ich angehen will, wohin es gehen soll für mich. 

Genau genommen sitze ich nicht erst heute daran, sondern schon seit einigen Wochen. Ich versuche aus den vielen, vielen Möglichkeiten, die ich habe, die „richtigen“ auszuwählen. Versuche, das, was ich gerne möchte, mit dem abzugleichen, was ich tun sollte. Ich versuche das, was wirklich „meins“ ist mit dem zusammenzubringen, was mir ermöglicht, meinen Lebensunterhalt zu bestreiten. Ich versuche Bauch und Kopf an einen Tisch zu holen, um gute Entscheidungen zu treffen. 

Naja.., ehrlich gesagt, gelingt mir das nur bedingt.

Mein Verstand hat knackige Argumente parat und kann mir sicher eine überzeugende Aufstellung darüber machen, was jetzt sinnvoll wäre und wie ich genau vorgehen soll. Ihn könnte ich einen prima Maßnahmenplan erstellen lassen, ziel- und erfolgsorientiert und praktisch umsetzbar. Warum ich das nicht mache? Weil es noch die andere Seite gibt: mein Bauchgefühl. Und das ist eigenwillig und widerspenstig. Es benimmt sich wie ein Flummi: hüpft mal hierhin und mal dorthin, ist schwer zu fassen und auch gleich wieder weg, vor allem dann, wenn es einen Maßnahmenplan sieht… 

Ich war mal eine gute Planerin und sehr an Effizienz und Effektivität gewöhnt. Immer zu wissen, was zu tun ist und sicher zu stellen, dass das, was getan werden muss, auch schnell und ohne viel Energieverlust geschieht, ließ mich leistungsfähig sein. Es  wäre wohl das Vernünftigste, wieder meinem Verstand die Führung und die Entscheidungen zu überlassen. Aber das kann ich nicht mehr. Weil ich es nicht mehr will.

Ich bin viel mehr als mein Kopf. Dieses sprunghafte Ding von Bauchgefühl ist für mich so viel wichtiger geworden, denn ich weiß, dass ich nur damit wirklich lebendig und vor allem auch authentisch bin. Es ist mir heute nicht mehr möglich, mich selbst in einen Maßnahmenplan zu pressen und ich bin froh darüber, auch wenn es bedeutet, dass ich Phasen von Unsicherheit, Ratlosigkeit und Leerlauf aushalten muss und die Tatsache, nicht immer gleich Antworten auf meine Fragen zu finden.

6 Kommentare

  1. Liebe Tanja,

    was Du schreibst kommt mir s e h r vertraut vor 😉

    Für mich nenne ich das „meiner Kreativität Raum, mehr Raum geben“!
    Viele Jahre „durften“ Kreativität und – wie schreibst Du: „flummi“ – Energie nicht sein in meinem Leben. Sinn- und zwecklos und überhaupt… hatten sie keinen Platz. Nein: stimmig ist, ich gab ihnen keinen Platz…

    Jetzt, mit 57 Lebensjahren, habe ich die FREIHEIT, mich dieser starken Seite meines Wesens zuzuwenden.
    Gar nicht so einfach nach Jahren des leistungsorientierten Daseins 😉

    Leistungsorientiert und dennoch wenig ertragreich ;-)…

    Meine Kreativität zu spüren, das ist erfüllend!!!

    Und gleichzeitig, natürlich, den „AllTag“ bewältigen, gewisse Vorgaben annehmen – mitschwingen mit dem was ist.

    Besonders ansprechend finde ich Deinen Satz „… nicht immer gleich Antworten auf meine Fragen finden… Leerlauf und Ratlosigkeit aushalten…“ Das empfinde ich als ganz bei mir sein, Mensch sein, sein dürfen 🙂

    Ich lese Deine Texte sehr, sehr gerne!!!
    Und betrachte und nehme von Herzen Deine Bilder, Fotos auf!
    Wunderschön, anregend und viel Vertrautheit. Es tut gut, geschrieben und abgebildet zu sehen, was man tief in sich spürt und (oft) selbst nicht ausdrücken kann…

    Ich danke DIR, dass Du uns teilhaben lässt an Deinen Gedanken und Gefühlen – wir sind alle verbunden.

    Herzlich
    Ursula

    • Hui, ganz herzlichen Dank, Ursula, ich freu mich riesig über Deine Rückmeldung!

      „… Gar nicht so einfach nach Jahren des leistungsorientierten Daseins… “ – wem sagst Du das! 😉

      Alle Liebe,
      Tania

  2. ein fettes DANKE für diesen Satz „Was ich tun will, was ich angehen will, wohin es gehen soll für mich.“
    hat mich regelrecht angesprungen und frisst sich seitdem in mein ganzes Denken und Handeln
    befinde mich derzeit auch auf Sinnsuche und renne tiefe Gräben in die Erde über die ich kaum mehr herausblicken kann.
    Alles Liebe
    Sonja

    • Das ist ein sehr heftiges Bild mit den Gräben… Aber manchmal muss es wohl auch erst in die Tiefe gehen.

      Alles Gute,
      Tania

  3. Hallo Tanja,

    ich muss gerade herzhaft lachen! Ich bin begeistert, dass ich auf deine Seite gestoßen bin. Sie hat mich absolut zum richtigen Zeitpunkt gefunden 😉
    Ich wollt dir eigentlich schreiben wie ich drauf gestoßen bin…..aber ich kann es nicht! Ich hab „eigentlich“ nach was ganz anderem gesucht…..und dann kamst du. Ich bin im Moment auch an dem Punkt, wo ich merke, dass das, was ich mache, nicht mehr aus meinem Herzen kommt…..zumindest nicht in der Art WIE ich es mache. Ich bin an dem Punkt, an dem mich die ganzen „Erfolgsgurus“ einfach nur noch irritieren und ich herausfinden darf, was wirklich MEINS ist.
    Wer auch immer mich zu dir geführt hat, ich hab genau die Worte gefunden, die ich im Moment gerade wirklich brauche 😉

    Dafür sage ich von Herzen…..DANKE!!!!!!

    Ganz liebe Grüße
    Nicole

    • Wie schön, Nicole! Ich freu mich sehr, nicht allein mit diesem „Herausfindendürfen“ (schöne Formulierung!) zu sein 😉

      Alles Liebe zurück,
      Tania

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