Wie oft stellen wir uns eigentlich einmal selbst die Frage danach, was wir brauchen, ich meine, WIRKLICH brauchen – und vor allem: wissen wir darauf tatsächlich eine Antwort?
Ich habe lange Zeit ziemlich genau gewusst, was ich brauchen sollte (… um z.B. Erwartungen zu erfüllen, „erfolgreich“ zu sein, an mir arbeiten zu können usw.), aber ich hatte so gut wie keine Ahnung davon, was ich wirklich brauche. Und tatsächlich scheint es nicht nur für mich, sondern auch für viele andere ziemlich schwierig zu sein, das zu unterscheiden.
Unsere Erziehung sagt uns, was wir brauchen sollen, die Werbung sagt uns, was wir angeblich brauchen, unsere Lieben gehen oft davon aus, dass das was sie brauchen, auch das ist, was wir brauchen und die weniger Lieben fragen sich erst gar nicht, was wir brauchen. Wir können in Büchern nachlesen, was wir brauchen und wir können Experten fragen, was wir brauchen, also z.B. Ärzte, Therapeuten, Trainer usw. Tja, und so haben wir als Ergebnis eine oft recht lange Liste von Dingen, die wir VIELLEICHT brauchen, vielleicht aber auch nicht, denn die wichtigste Person in dem Spiel haben wir nicht befragt: uns selbst.
Wie finden wir nun heraus, was unsere wirklichen Bedürfnisse sind? Ich glaube nur, in dem wir uns selbst zuwenden und bereit sind, uns selbst zu fühlen. Probieren Sie es mal mit diesem Bild: Wenn ein kleines Kind weint, versuchen wir behutsam herauszufinden, was los ist: Tut ihm etwas weh? Hat es Angst? Hat es jemand geärgert? Ist es müde? Wir haben den Antrieb, verstehen zu wollen, um dem Kind wirklich helfen zu können.
Wie wäre es nun, wenn wir genau dieses „Verstehen wollen“ auch uns selbst gegenüber aufbringen könnten? Dafür müssen wir allerdings erstmal wegschieben, was wir schon zu wissen glauben über uns und unsere Bedürfnisse und bereit sein, Neues über uns zu erfahren. Das ist ein großer Schritt, denn Bedürftigkeit ist ein Gefühl, das viele Menschen meiden. Aber wie wollen wir für uns sorgen, wenn wir gar nicht genau wissen, was wir brauchen? Oder in dem Bild zu bleiben: Wie sollen sie dem Kind helfen, wenn Sie keine Ahnung haben, was es hat oder was ihm fehlt?
Ein solch achtsames In-sich-spüren braucht eine Portion Mut, auch das zuzulassen, was wir oft vorschnell wegschieben, wie z.B.:
- auch das, was angeblich „unangemessen“ ist oder vielleicht sogar „verboten“ – Bei etlichen unserer Bedürfnisse haben wir durch andere Menschen die Botschaft bekommen, dass wir sie eigentlich nicht haben oder wenigstens nicht zeigen sollten.
- auch das, was nicht so leicht erreichbar ist – Einige unserer Bedürfnisse sind nicht gerade so leicht zu erfüllen, weil sie z.B. nicht käuflich sind oder weil sie zu erfüllen es erfordert, einiges zu ändern (sich z.B. freie Zeit zu schaffen oder etwas aufzugeben, was der Bedürfnis-Erfüllung im Wege steht usw.).
- auch das, was andere vielleicht nicht brauchen oder was den Bedürfnissen anderer sogar entgegensteht – Eigene Bedürfnisse im Zusammenleben mit anderen Menschen erfüllen zu wollen, kann bedeuten, etwas zu tun, das anderen nicht gefällt oder unverständlich ist.
- auch das, was widersprüchlich zu sein scheint – Manche unserer Bedürfnisse widersprechen sich gegenseitig, aber auch hier ist es wichtig, beide im Blick zu behalten, um beiden gerecht werden zu können und nicht einfach eines zugunsten des anderen zu unterdrücken.
Ich mache mir selbst immer wieder klar: Achtsamkeit heißt, nicht zu bewerten, sondern erst einmal nur wahrzunehmen. Das gilt auch für unsere Bedürfnisse: um erspüren zu können, was wir wirklich brauchen, ist es wichtig, offen zu sein für uns und für das, was sich in uns zeigt. Und in diesem Sinne ist Offenheit tatsächlich ein Synonym für Achtsamkeit.
Wie offen sind Sie für sich selbst?
Liebe Tania, Deine Zeilen kann ich gut nachvollziehen. Danke für‘ s (mit) teilen. Doris Margaretha
Danke, liebe Tania! Mal wieder sehr zur passenden Zeit: Ich bin gerade dabei zu lernen mir zu ERLAUBEN, was ich wirklich brauche – oft gar nicht so einfach….!
Herzliche Grüße, Almut