Eines meiner großen Bedürfnisse im Zusammensein mit Menschen, die mir etwas bedeuten, sind Aussprachen. Ich möchte mir das, was mich bewegt, genauso von der Seele reden wie ich die Erfahrenswelt anderer Menschen wenigstens ein Stück weit begreifen möchte und ich möchte möglichst immer gleich Belastendes aus der Welt schaffen.
Miteinander reden zu können schafft für mich Nähe.
Es war mir schon immer wichtig, mich verständlich zu machen und mein Verhalten zu erklären, genauso wie das des anderen wenigstens ein bisschen zu begreifen und mehr über seine (Hinter-)Gründe zu erfahren.
Nicht reden zu können, empfinde ich als trennend und belastend. Ich stehe dann gefühlt wie vor einer unüberwindlichen Mauer, die mich oft schon hat verzweifeln lassen.
Wahrscheinlich habe ich schon eine ganze Menge Menschen zu Gesprächen gedrängt, die sie eigentlich so gar nicht führen wollten bzw. auch nicht konnten. Denn mir wird immer klarer, dass manch einer eben wirklich nicht über sich und seine Gefühle und sein Sein reden mag oder es ihm nicht möglich ist. Und das ist ok so, ich muss es nicht mehr ändern. Ich weiß inzwischen, dass ich vor einer Mauer nicht mehr stehen bleiben muss, sondern mich umdrehen und wo anders hingehen kann.
Mein tiefes Bedürfnis nach Gesprächen aber bleibt und ich denke, ich habe einen für mich ganz hilfreichen Weg gefunden, wie ich damit umgehen kann, auch wenn mein Gegenüber mir solche Gespräche verweigert, sie unbefriedigend laufen oder auch einfach nicht sinnvoll sind: Und zwar schreibe ich Briefe.
Ich schreibe Briefe an die Menschen, die mich nicht anhören wollen, die mich nicht verstehen können oder die nicht erreichbar sind. Diese Briefe schicke ich nie ab, sie bleiben bei mir – und genau das ist entscheidend! Würde ich sie abschicken, würde ich die gezogene oder natürlicherweise vorhandene Kommunikationslinie doch wieder überschreiten und genau das will ich nicht mehr tun.
Ich schreibe die Briefe für mich, denn genau in ihnen kann ich mir alles von der Seele reden oder besser gesagt „schreiben“, meine Gedanken und Gefühle sortieren und oft etwas mehr Klarheit finden. Diese Art Briefe zu schreiben, mag vielleicht wie eine Nabelschau wirken, aber tatsächlich scheinen sie auch Energie freizusetzen. Denn hin und wieder bewegen die Briefe auch ohne dass ich sie abschicke etwas auf der anderen Seite, aber das ist nicht mein Hauptanliegen.
Ich schreibe die Briefe, damit das Ungesagte nicht in mir gärt oder wuchert oder bitter wird und mich vergiftet. So muss ich nichts verdrängen, sondern kann achtsam in meinen Wahrnehmungen bleiben und vor allem auch achtsam in dem, was mir im Miteinander (oder auch in der Trennung) zu anderen nicht gut tut. Für mich ist es ein sehr schöner Weg vor allem in frustrierenden und schmerzenden Beziehungen gut für mich zu sorgen und nicht in den Groll oder die Ohnmacht zu gehen. Briefe ermöglichen mir, in Kontakt zu bleiben, auch wenn die Kommunikation schwierig oder unmöglich ist.
Wirklich schön geschrieben und eine wahre Inspiration! Schaue doch mal bei mir vorbei, gefällt dir sicher 🙂
Einfach danke, Tania!
Welch‘ wertvolle Idee, an den anderen gerichtete Worte niederzuschreiben, für sich selbst – und letztendlich für die Beziehung. Somit kann sich „das Feld“ klären. Worte sind mächtig, auch die unausgeprochenen.
Gehab dich so richtig wohl, schönes Wochenende wünscht
Carolin
Deine Worte tun richtig gut. Die Achtsamkeit lässt leider zu wünschen übrig unter den Menschen. Man redet zwar viel miteinander, doch ohne dem anderen zu zuhören. Und so vereinsamt man. Nicht nur reden will gelernt sein, sondern besonders auch zuhören
Deine Worte sprechen mir aus der Seele. Ich schreibe schon lange einen Brief und zwar an meinen Vater. Mit beginn seiner, inzwischen, schweren Demenzerkrankung habe ich diesen Brief begonnen. Da von meinem geliebten Vater fast nichts mehr übrig ist, mir aber unsere Gespräche so gefehlt haben. Manchmal lese ich ihm Passagen daraus vor und ganz selten huscht ein kleines Lächeln über seine Lippen. Ich sage ihm dann, siehst du Paps, unsere Verbindung bleibt bestehen. Ich schreibe weiter, es tut mir und meiner Seele einfach gut.
Alles Liebe….
Ja, das ist oft der einzige Weg. Leider muss ich immer öfter feststellen, dass meine Gesprächspartner nur darauf warten, dass ich mal Luft hole und schon erzählen sie lang und breit von sich.
Mir geht es ähnlich und ich danke dir von Herzen für diese gute Anregung. Es ist wirklich so, dass manchmal auch die nächsten Menschen einem immer weniger zuhören wollen.
Ich habe auch so das Bedürfnis, alles in einem Gespräch zu klaren. So werde ich jetzt also auch versuchen, alles aufzuschreiben, an denjenigen zu schreiben, um mir die Dinge von der Seele zu reden.
Herzhlichen Dank, Tanja.
Ganz herzlichen Dank für all Eure Kommentare und liebe Grüße,
Tania
Eine schöne & erleichternde Idee, auch für das Herzenswohl der eher verschlossenen Zeitgenossen unter uns ☺
Wie trifft es doch wieder den Kern meiner derzeitigen Empfindungen. Ja, ich schreibe auch und es hilft mir sehr, mich so ein wenig befreien und selbst auch begreifen und annehmen zu können.
Es auf schwierige Beziehungen in Briefform auszuweiten, ohne diese abzuschicken, ist eine sehr gute Möglichkeit, die ich bisher so noch nicht praktiziert habe (ich habe die Briefe abgeschickt und mich wahrscheinlich so auch nicht ganz so loslassen können in meinem Schreiben, wie es mir hilfreich gewesen wäre). Sicher ist es kein Zufall, ausgerechnet in einer solchen Situation deinen Beitrag zu lesen. Danke, einfach ein ganz herzlichen Danke <3 Ich bin ganz neugierig auf diese neue Erfahrung.