Noch immer beschäftigen mich die Themen Abstand, Nähe und Kontakt (s. auch hier).
Ich bin dabei mich selbst zu beobachten, um besser zu verstehen – mich und meine Beziehungen zu anderen. Eigentlich hätte ich mich für einen eher streitbaren Menschen gehalten, muss aber wieder einmal erkennen, dass in meiner Selbsteinschätzung einige blinde Flecken sind. Einer besteht offenbar in meiner Sehnsucht nach Harmonie, für die ich vieles tue. Manchmal zu vieles und vor allem auch das Falsche und noch dazu vieles davon unbewusst.
Mein Harmoniestreben lässt mich z.B. zu oft schlucken, still sein und akzeptieren. Weil ich keinen Konflikt oder gar Streit will, weil ich die Stimmung und Harmonie nicht gefährden will. Und ja, wenn ich ehrlich bin, vielleicht auch oft, weil es mir zu anstrengend ist, in eine Auseinandersetzung zu gehen, weil mir die Sache selbst vielleicht gar nicht so wichtig ist, sondern es mir eigentlich um andere Dinge geht (… oder ist das nur vorgeschoben?). Wie auch immer: ich sage deshalb dann z.B. ja, obwohl ich dabei ein Widerstreben in mir spüre, mache mit, obwohl ich nicht will, willige ein, obwohl ich Bedenken habe usw. So erhoffe ich mir wohl Frieden, Liebe und Nähe – und manchmal auch einfach meine Ruhe.
Funktionieren tut das leider nur bedingt, denn ich stelle immer wieder fest, dass das, was man schluckt, nicht „weg“ ist. Es bleibt in einem und wird größer – genauso wie der Abstand größer wird, wenn man Auseinandersetzungen scheut, weil man sich dadurch zurückzieht und letztlich sogar verschwinden kann.
Nun ahne ich langsam, dass wirkliche Nähe nur möglich ist, wenn man sich nicht scheut, hin und wieder auch in den Vollkontakt zu gehen – im Geben, im Lieben, Im-sich-zeigen, aber auch im Für-sich-einstehen und vor allem im Reden und im Sich-mitteilen. Und all das möchte ich wieder lernen.
So prüfe ich mich gerade, welche Beziehungen es mir wert sind, auch das Risiko von Auseinandersetzungen einzugehen, um den Mut zu finden, genau das zu tun, wenn es nötig ist. Nicht um des Streitens Willen, sondern weil ich Nähe möchte, echte, spürbare Nähe, eben einen Vollkontakt.
Harmonie ist etwas das jede/er anstrebt, nur was viele nicht Wissen das es auch Arbeit bedeutet ( Beziehungsarbeit)= Arbeiten an, in der Beziehung. Was wieder gleich bedeutsam ist mit der Achtsamkeit im zueinander. Nicht jede Beziehung ist gleich, es gibt X Formen und so müssen wir im Alltag auch X Formen der Achtsamkeit leben und umsetzen.
Ich denke das hat nichts mit verbiegen zu tun, wenn wir uns selbst in jeder gelebten Beziehung zu unserer Vorstellung treu bleiben.
Und es ist gut wenn wir die Dinge hinterfragen, nur ich durfte die Erfahrung leben, manches muss man einfach stehenlassen. Und oft erfordert es mehr Mut, als dies zu hinterfragen.
Tania ihr Beitrag o.g. zeigt auf wie sehr sie mit dem Leben hadern, wie zerrissen sie in ihrem innern sind. Wir können nicht alles richten, auch dann nicht wenn wir es gern täten. In diesem Sinne ihnen eine positive Zeit und mögen sie in ihrer Suche erfolgreich sein,..
Liebe Lyn,
ich danke Ihnen für Ihren Kommentar und für Ihre Anregungen.
Es ist spannend und bereichernd, viele Gedanken zu einem Thema zu lesen. An einer Stelle fühle ich mich aber so missinterpretiert, dass mir da ein kleiner Widerspruch erlaubt sei:
Ich hadere nicht mit dem Leben. Jedenfalls nicht so absolut, wie Sie es formulieren. Ja, ich hadere AUCH MAL mit dem Leben – und ganz ehrlich, ich glaube, das geht fast jedem so. 😉 Viel mehr aber liebe ich das Leben und das aus tiefstem Herzen. Aber, ja, ich benenne Brüche, denn ich denke, Achtsamkeit hat auch damit zu tun, sie zu sehen und MIT ihnen zu leben und sie zu umarmen.
„Wir können nicht alles richten“, ja, das stimmt wohl… und es steckt viel Potential für inneren Frieden darin, wenn man das für sich erkennt und annehmen kann.
Ganz herzlich,
Tania
Liebe Tania,
herzlichen Dank für den Beitrag, für Ihre tiefen und ehrlichen Erkenntnisse in „Vollkontakt“. Ich bin schon lange auf dem Weg, auf dem Weg zu mir selbst. Und auch ich kenne die Vielschichtigkeit meines Seins, meiner Reaktionen, meiner Handlungen, meines Agierens, und je besser ich mich kennenlerne, je tiefer ich mein Fühlen und Betrachten meines Selbst zulasse, umso mehr erkenne ich die vielen Facetten in mir. Es ist oft kaum zu glauben, was frau alles macht und sagt, oft ganz unbewusst, um Harmonie zu erhalten, wenigstens oberflächlich, um Auseinandersetzungen zu vermeiden, den Anstrengungen verschiedener Ansichten aus dem Weg zu gehen. Doch mein Körper zeigt mir mehr und mehr so deutlich, was gar nicht passt, wo ich mich verbiege, es einfach nur recht machen will und so ganz und gar nicht meine Wahrheit und meine Wahrhaftigkeit lebe. Ich stelle fest, dass es für mich immer schwieriger wird, nicht nach meinem Herzen und nach meinen Empfindungen zu leben, dies auch zu zeigen und zu mir zu stehen. Ja, es ist oft schmerzhaft, wahrhaftig zu sein, nicht jede Freundschaft hält Offenheit aus, auch wenn sie liebevoll aber dennoch klar und entschieden ausgesprochen wird. Doch ich kenne auch das Gefühl, wenn ich es nicht getan habe, mir nicht treu geblieben bin. Ich glaube, das Wichtigste in dieser bewegten und bewegenden Zeit ist es, sich so zu zeigen wie man gerade ist, mit allen Stärken und Schwächen. Offenheit, Klarheit, Wahrheit und Wahrhaftigkeit. Nicht immer einfach, aber es lohnt sich! Und aus dem tiefen Verständnis und der Liebe für mich selbst, erwächst dies eben auch für mein jeweiliges Gegenüber.
Herzliche Grüße und alles Gute für die Rückzugszeit!
Angelika Maria
Herzlichen Dank, Angelika Maria, und ja, genau das scheint mir auch der Schlüssel zu sein: sich zu zeigen mit allen Stärken, Schwächen, Offenheit, Klarheit und Wahrheit – und eben auch mit den Knoten, den Verwirrungen und den Unklarheiten 😉
Alles Gute auch für Dich,
Tania