Achtsamkeit, wohin man auch schaut: Artikel über das Thema, Tipps und Anregungen, Achtsamkeitsübungen, Achtsamkeitsschulungen, Achtsamkeitsaufgaben… – überall treffe ich auf diesen Begriff.
Ganz klar: Achtsamkeit liegt im Trend.
Immer wieder spannend, wie solche Schlagwörter auftauchen und irgendwann wieder versanden. Genauso spannend ist zu sehen, was dann alles entwickelt und erfunden und verkauft wird. Und immer wieder wichtig, genau hinzuschauen, wie viel Sinn das für einen selbst macht.
Ich weiß für mich, dass sich Achtsamkeit nicht erzwingen lässt und auch nicht erkaufen. Ich kann mich noch so brav hinsetzen und „achtsam“ sein wollen, ich kann achtsam meine Atemzüge zählen oder achtsam 100 Schritte gehen, aber ob ich dadurch wirklich achtsamer werde, ist eine andere Frage. Was ich sicher nicht brauche, ist ein T-Shirt mit dem Aufdruck Achtsamkeit als Gesinnungsäußerung, kein Achtsamskeitsarmband, keinen Achtsamkeitstee und auch keine besondere Achtsamkeitsmusik oder etwas in der Art.
Oft denke ich sowieso, wir brauchen meist nicht mehr, sondern weniger. Weniger Kram, der uns ablenkt, weniger Zeug, das herumsteht, weniger von allem, was unsere Aufmerksamkeit will und vor allem weniger an Methoden, Techniken und „How-to-do-Anleitungen“.
Was mich achtsamer werden lässt, ist das Einlassen auf mich selbst. Auf mich und das Leben. Es ist das Bedürfnis, wirklich zu sein, das mich innehalten lässt. Die Bereitschaft zu fühlen und wirklich wahrzunehmen, was ist.
Trends bringen so manches in den Fokus, das ist gut. Aber es liegt in der Natur von Trends, oberflächlich und kurzlebig zu sein. Achtsamkeit beginnt für mich hinter dem Trend, also da, wo es still ist und wo kaum jemand hinschaut. Wo man nichts kaufen kann, nichts vorzeigen oder erreichen muss. Da, wo man sich selbst trifft.
Liebe Tania,
in einem Achtsamkeitsbuch *:-)* habe ich folgendes Wort als Synonym für den mittlerweile schon allzu strapazierten Begriff „Achtsamkeit“ gelesen:
Herzensbewusstsein.
Ich finde das wunderschön. Dieses Wort spricht mich tief innen an und lenkt die Aufmerksamkeit für mich mehr auf die Herzensqualitäten als das Wort „Achtsamkeit“.
Ansonsten geht es mir sehr ähnlich wie Dir. Es ist einfach schade, dass durch Kommerzialisierung der wahre innere Kern meist immer mehr verdeckt wird. Sobald etwas zur „Mode“ wird, ist es ja an sich nicht schlechter als zuvor, aber dennoch besteht die große Gefahr der Verwässerung.
Wie wenn ein bislang unberührtes Stück Natur gerade wegen seiner Unberührtheit die Menschen anzieht und darauf hin für den Tourismus zugänglich gemacht wird. Genau dadurch aber verliert es seinen ursprünglichen Reiz, denn sobald die Massen hinströmen, sobald die Unberührtheit vermarktet wird – gibt es keine Unberührtheit mehr.
Ich sehe das, gehöre aber selbst auch zu diesen Massen.
Ich kaufe selbst Achtsamkeitsbücher.
Ob es aus diesem Dilemma einen guten Ausweg gibt?
Herzliche Grüße
Ulla
Ach, ich glaube nicht, dass es darum geht, keine solche Bücher mehr zu kaufen; Inspirationen sind ja etwas sehr Kostbares und Wunderschönes! Ich denke eher, es geht um die Erwartungen, die man damit verbindet. Das Kaufen, ja, nicht einmal das Lesen allein ändert etwas, sondern nur das Einlassen – und das ist für mich das Entscheidende: In dem Moment, in dem ich bereit bin, mich wirklich einzulassen, öffnet sich die Tür, einen Begriff wie „Achtsamkeit“ wirklich zu entdecken; eben nicht als Trendbegriff oder Mode, sondern als das, was er für mich ausmacht.
Ganz herzlich,
Tania
Ja, das stimmt.
Und doch beobachte ich an mir, dass es mir schwerer fällt, mich einzulassen, wenn etwas erst mal ein Modebegriff oder Trend geworden ist.
Mir fiel dabei auch das Hesse-Zitat ein: “Wer nicht in diese Welt zu passen scheint, ist nahe daran, sich selbst zu finden.”
Umgekehrt würde das bedeuten: solange ich den Moden der Welt folge, habe ich keine Chance, mich zu finden ….
Das stimmt freilich so vereinfach nicht, aber manchmal beobachte ich mich bei solchen Assoziationen.
Das Eigene, Wahre aus all dem herauszuschälen empfinde ich immer wieder als eine große Herausforderung.
Herzliche Grüße
Ulla
Liebe Tanja
Sie schreiben: „Ich kann mich noch so brav hinsetzen und „achtsam“ sein wollen, ich kann achtsam meine Atemzüge zählen oder achtsam 100 Schritte gehen. Aber ob ich dadurch wirklich achtsamer werde, ist eine andere Frage.“
Für mich ist die entscheidende Frage, ob ich mich in einem Seins-Zustand befinde oder ob ich eine bestimmte Technik ausführe, eine Methode anwende, ein Ritual befolge.
Achtsamkeit ist eine bestimmte Seins-Qualität, die natürlich durch bestimmte Übungen, Meditationen „geübt“ (im Sinne von erfahren) und vertieft werden kann. Aber umgekehrt ist, wie Sie schreiben, das Ausüben einer Technik kein Garant dafür, dass sich diese Seins-Qualität auch einstellt.
Ich nehme mir jeden Morgen Zeit für Selbst-Empathie. Das heisst, ich frage mich selbst, wie es mir geht, was ich brauche, was ich mir wünsche. Ich versuche mir selbst die beste Freundin zu sein, ich fühle mich in mich selbst ein, ich höre mir selbst zu. Meistens mache ich dies schreibend.
Dadurch, dass ich dies jeden Morgen mache, besteht die Gefahr eines Rituals, welches ich nicht mehr wirklich mit Leben fülle. Manchmal passiert mir das. Ich schreibe und bin gleichzeitig gar nicht wirklich in der Qualität des empathischen Einfühlens. Dann hat der Autopilot übernommen. Meistens daran zu erkennen, dass ich jammere, mich im Opferland befinde oder wütend rhetorische Fragen raushaue.
Ich lege dann den Stift beiseite, atme aus und gehe bewusst in die Körperwahrnehmung … um wieder in den Kontakt zu kommen.
Daran dachte ich, als ich Ihren Artikel las. Es braucht halt mehr als das Ausführen von Übungen. Es geht um das Entdecken eines Seins-Zustandes, einer bestimmten Qualität der Beziehung zu mir und meiner Beziehung zu dem Leben. Und dies braucht meiner Erfahrung nach Zeit und Ruhe.
Achtsamkeit / Selbst-Empathie (ich werfe es der Einfachheit halber mal eben zusammen in einen Pott) sind keine abzuhakenden Punkte auf der „To Do-Liste“, die man mal eben noch in den eh schon völlig gedrängten Alltag quetscht, weil es gerade stylisch und angesagt ist. Es sind auch keine netten, harmlosen „fluffy concepts“.
Gelebte Achtsamkeit/Selbst-Empathie kann revolutionär sein, bahnbrechend, lebensverändernd, Unumstösslichkeit zu Tage fördern. (Ups, das Wort habe ich wohl gerade erfunden 😉
Ich grüsse Sie herzlich
Barbara
Ja, ja, ja! Ganz genau darum ging es mir.
Ein ebenso herzlicher Gruß zurück,
Tania
Ich habe auch darüber nachgedacht, warum ich keinen Zugang zu dem Wort Achtsamkeit haben will…- also nicht im Trend mitschwimmen will…….. Es kommt mir vor als würde ich mich in die Drehung einer Spirale vertiefen um achtsam zu sein und es ist doch eigentlich nichts was mich tiefer oder höher bringt, denn es ist ja nur die Schnur an der sich alles nach rechts oder nach links dreht. Letzten Endes ist es ein drehen um sich selbst und wo lande ich da??? Im Selbstmitleid .
Ich möchte in einer Herzensbeziehung zu meinem Schöpfergott stehen und diesen Kontakt nicht abreissen lassen. Das bringt neue Gedanken und erfrischt wie Wasser.
Für mich ist der Trend humanistisch , ein Streben danach was ich immernoch selber tun kann um mir zu helfen , aber mir hilft der Satz: Das Wort das DU brauchst kannst Du Dir nicht selber sagen. Und das erlebe ich immer wieder dass Gott mit mir im Gespräch ist und mir das richtige Schlüsselwort zuspricht , durch einen Gedanken,in einem Gottesdienst durch die Worte einer Predigt, durch einen Bibelvers, oder einen Liedvers,oder durch kreatives Malen , wenn ich dem Bild hinterher einen Titel gebe…..
Danke für Deine Anregungen . Ich wünsche Dir auch, dass du eine Begegnung mit Gott erlebst, er nimmt Dich ernst , er kennt Dich und liebt Dich wie Du bist. Von IHM bekommst Du die besten Komplimente.
Lieben Gruß von Susel
Schöne Gedanken, danke Tania.
Viele Menschen verlieren beim achtsamen Folgen der Trends ihre eigenen Berdürfnisse aus den Augen. In Zeiten von mobilem Internet und verschiedenen Plattformen, wird stets darauf geachtet, was andere tun, auch wenn es vielleicht oberflächlich oder belanglos ist. Immer informiert sein, bei den Ersten sein… …und dabei die eigenen Bedürfnisse missachten…
Es ist wichtig, achtsam zu sein, und da dies oft nicht der Fall ist, gibt es die vielen Angebote und Achtsamkeit wird zum Trend. Wer diese Angebote nicht filtert und achtsam für sich auswählt (vielleicht aus Angst, ein noch besseres Angebot zu verpassen), der folgt nur dem Trend und die Achtsamkeit wird zur Farce. So beißt sich dann die Katze in den Schwanz 🙂
Herzliche Grüße,
Kerstin