Stolpern…

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Stolpern…

Immer wieder komme ich ins Trudeln. Ich verliere meinen festen Stand und stolpere unerwartet über etwas, das ich nicht gesehen oder erwartet habe. Manchmal strauchle ich nur, manchmal falle ich auch. In jedem Fall komme ich aus dem Tritt. 

Und ich denke, das ist gut so. 

Gut, weil es mich wach hält. Weil es verhindert, dass ich heimlich, still und leise und unbemerkt (vor allem von mir selbst) wieder an alten Strukturen baue. Strukturen, die für Sicherheit und Stabilität sorgen sollen, Netze und Gerüste, Fundamente und Stützpfeiler. Ich weiß genau, was daraus wird: Fassaden und Mauern. Und ich weiß auch, wie es sich anfühlt, dahinter zu leben und dass ich das nicht mehr will. Aber immer wieder bin ich dabei, sie zu errichten, statt mich dem Fluss des Lebens anzuvertrauen, von dem ich doch inzwischen weiß, dass er gut ist. 

Ich bin mir nicht sicher, ob man solche Grundtendenzen in sich auflösen oder ablegen kann. Vielleicht eher nicht. Aber ich glaube, dass man mit mehr Achtsamkeit sie erkennen kann. Ich stolpere inzwischen immer dann, wenn ich auf dem falschen Weg bin. Eine blutiges Knie oder ein angestoßener Kopf sind untrügliche Zeichen dafür, dass ich mal wieder etwas wollte, das nicht gut für mich ist. 

Und so versuche ich mich auszusöhnen mit den Gleichgewichtsverlusten und versuche das Gefühl des Fallens zu umarmen. Immerhin heißt Stolpern, dass ich in Bewegung bin und alles ist besser, als der Stillstand, für den etwas in mir wieder sorgen will. Und so stolpere ich eben, wenn ich gerade nicht fliegen kann. 

7 Kommentare

  1. „Bewegung ist besser als Stillstand“ will mir nicht so recht in den Kopf. Kanns mal wieder nicht wirklich ausdrücken und musste daher jemand anderen finden der es definiert hat:
    „Die Stille stellt keine Fragen, aber sie kann uns auf alles eine Antwort geben.“ Ernst Ferstl
    Gehören Pausen (=Stillstand) nicht dazu um zu reflektieren?

    • Liebe Birgit,

      ja, Pausen sind wichtig und wohltuend, genau wie die Stille. Ohne Stille würde ich wahrscheinlich eingehen.

      Aber Pausen sind für mich kein Stillstand. Mit Stillstand meine ich z.B. das verzweifelte Stemmen gegen Veränderungen, das Festhalten aus dem Wunsch nach Kontrolle, der kindliche Wunsch nach dem „Alles soll bleiben, wie es ist.“ In dieser Form des Stillstands kann ich gerade KEINE Pausen machen (um innezuhalten), da ich nur im Tun bin. Bewegung heißt loslassen für mich, fließen lassen. Vielleicht mag das wie ein Widerspruch klingen, aber für mich stimmt es genau so.

      Lieber Gruß,
      Tania

      • Ok, Dein „Stillstand“ liest sich reichlich aktiv 😉
        Ich wünsch Dir daß Du da manchmal trotzdem einen Schritt neben Dich treten kannst um innezuhalten und zu beobachten und dann eine Bewegung welcher Art auch immer vornehmen zu können – egal ob loslassen oder zufassen.

  2. Dieser Stillstand hat für mich nichts mit Stille oder Reflexion zu tun. Im Gegenteil, es ist dann ein Abschotten, ich würde dann gerne die Zeit anhalten, damit sich nichts verändert. Nun ist es aber so, dass die Zeit weiterläuft und mit ihr das Leben. Um also an dem Punkt zu bleiben, arbeite und kämpfe ich gegen alle äußeren Einflüsse, um zu erkennen, dass dieser Stillstand nur Illusion ist.

    Vereinfacht stelle ich mir das wie eine Rolltreppe vor (sehr vereinfacht). Um an meinem Ausgangspunkt zu bleiben, muss ich mich ständig bewegen.
    Dein Innehalten ist für mich, das Stehenbleiben auf der Treppe. Ich kann dann daran denken, wie schön es am Ausgangspunkt war (Reflexion) und ich kann auch durchaus gepannt darauf sein, was mich jetzt erwartet und vielleicht macht mir das auch Angst, weiter geht es auf jeden Fall.
    Um nun Tanias Stolpern aufzugreifen, würde ich mich aktiv auf der Treppe bewegen, vielleicht kommen Abzweigungen und ich muss mich entscheiden, wohin ich gehe oder mich passiv geradeaus weitertragen lassen.
    Andere könnten es eiliger haben oder zufällig auf dem gleichen Weg sein, vielleicht rempeln sie mich an oder ich sie oder ich muss über Gepäck und andere Dinge springen usw.
    Ich weiß vorher nicht, wohin der Weg führt, ich kann mich allerdings entscheiden, ob ich ihn aktiv mitgestalte und vielleicht auch mal stolpere, ob ich zwischendurch innehalte und wirken lasse, oder ob ich passiv bin und mich mitreißen lasse, und, und, und…

    Hm.. vielleicht sehr vereinfacht… ich kann es mir so vorstellen.

    Herzliche Grüße,
    Kerstin

    • Ja,

      dieses Bild passt wirklich ganz gut. Denn da ist noch etwas, was man damit veranschaulichen kann: Man kann auf sich auf so einer Rolltreppe nämlich auch umdrehen und gegen die Bewegung zu laufen versuchen, weil man die Bewegung (=Veränderung) nicht will. Dann läuft man und läuft, mit aller Anstrengung, aber kommt nicht von der Stelle. Lässt man nach, geht es weiter in die Richtung, die man nicht will, aber man kann es nicht aufhalten, so schnell man auch läuft… Und genau da kann ein Stolpern manchmal sehr hilfreich sein.

      Danke, Kerstin und herzliche Grüße zurück,
      Tania

  3. Liebe Tania, ich sehe das mit Bewegung und Stillstand genau so. ich habe z.B. in letzter Zeit häufig mal einfach nur mein sonst routinemässiges laufen nicht gemacht, sondern an Regentagen einfach nur geschrieben, bei äusserer Bewegungslosigkeit. Bewegung also i.S. von aus der Routine, den gewohnten Abläufen ausbrechen, um Angst und Abhängigkeit zu überwinden und neue Erfahrungen zu machen, denn darum geht es doch für uns Menschen: neue Erfahrungen, erstmal ohne diese irgendwie zu beurteilen, denn da werden oft Maßstäbe von anderen, gesellschaftliche Normen usw. wirksam, d.h. unsere gewohnheitsmässigen Handlungen und Urteile auch mal zu hinterfragen, etwas auch mal ganz anders machen oder zulassen kann sehr befreiend sein, und ich bin sehr dankbar, dass ich immer dann, wenn ich es nicht freiwillig tun konnte, etwas „von Aussen“ auf mich zukam, was mich von solchen Gewohnheiten befreite. Wenn man es zulässt, spürt man das auch. Kollektiv tun wir genau das Gleiche: wir versuchen Veränderungen zu verhindern, z.B. das Klima darf sich nicht verändern, auch nicht das Wachstum, unser Alter, Aussehen, etc. An allem wird festgehalten aus Angst. So kann ein innehalten, ein Schritt zurück, in die Beobachterperspektive viel mehr Bewegung bedeuten, als ein blindes weiterrennen in dieselbe Richtung.
    Viele Deiner Beiträge sind für mich sehr inspirierend, herzlichen Dank dafür!
    LG Petra

    • Genauso, wie ganz viele Eurer Kommentare!

      Ein Dank von mir an Dich,
      Tania

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