Kleine Fluchten…

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Kleine Fluchten…

Mitten im Projekt-Endstress, in dem es eigentlich keine Minute zu verlieren gilt, habe ich mich als Mitfahrerin aufs Motorrad geschwungen, um das herrliche Herbstwetter zu nutzen.

Für die kostbare Dauer einiger Stunden gab es nur die Straße, den blauen Himmel, den Wald, die Felder und die Elbe – keine Aufgaben, keine Pflichten, keinen Druck. 

Zu sehen waren wunderschöne Häuser, die neugierig machen, wer dort wohl wohnt, in Nachbarschaft mit zerfallenden Ruinen, die ganze Geschichten erzählen. Gewundene und gerade Straßen, flach und mit Steigerungen, an hübschen Zäunen und gepflegten Gärten, alten Kirchen, großen Höfen und umgepflügten Feldern vorbei. Die besondere Weite der Elbtalaue mit hunderten von Wildgänsen, die bereits eingetroffen sind. Ein Blau am Himmel, in das man stürzen und sich verlieren kann. Die Sonne noch weit oben am Himmel ist eine andere, als die, die schon tief am Horizont steht – die eine ist wie ein Energieschirm, die andere atmet Melancholie. Ihr Licht durch das noch grüne Blätterwerk erinnert an Edelsteine, die bis tief in die Seele funkeln.

Dann schloss ich die Augen und konzentrierte mich bewusst auf die anderen sinnlichen Erlebnisse: Maisfelder riechen ganz anders als Kartoffelacker und die wieder ganz anders als frisch gemähte Wiesen – und auch jedes Dorf hat einen eigenen Duft. Breite Straßen klingen anders als schmale, doch das satte Röhren der Harley gibt immer den Grundtakt vor. Kurven blind mitzufahren, erfordert viel Vertrauen und Hingabe. Geschwindigkeit ist ein Rausch und der Wind zerrt manchmal an einem wie ein ungestümer Geliebter. Durch Wald zu fahren fühlt sich anders an als am Wasser entlang – das eine tief und erdig, das andere ganz leicht und frei. 

Ja, frei war ich für diese kleine Zeitspanne, die ich mir heute einfach stahl. Frei, um Achtsamkeit zu leben und alles um mich herum durch mich hindurch fließen zu lassen. Losgelöst von all dem, was ich eigentlich tun müsste. Ich habe gut gesorgt für mich, heute. 

 

4 Kommentare

  1. Das hast Du sehr schön (be-)geschrieben!
    Wer dieses Gefühl kennt, weiß, wovon Du sprichst. Bei dem Wetter fliehe ich gerne mal, denn es ist gut, wenn man eine Fluchtmöglichkeit in der Garage hat. Live for the moment! 🙂

    • Schön, es teilen zu können!

      Lieber Gruß,
      Tania

  2. wird dein Pferdchen nicht eifersüchtig, wenn Du so von deinem Ausritt auf der Harles erzählst?

    Reite auch gerne mal auf meiner alten BMW aus! 🙂

    Gruß!

    Klaus

    • Nö, das finden die ganz in Ordnung 😉

      Dir viel Freude bei Deinen Touren,
      Tania

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