Anfang des Jahres hatte ich für mich das Wort „Freiheit“ als Jahresmotto gewählt. Und dieses Wort hat dieses Jahr tatsächlich ganz entscheidend für mich geprägt: Ich habe mein Haus verkauft und bin vom Land in die Stadt gezogen. Was sich hier mal eben so in einem einzigen Satz hinschreiben lässt, ist eine der großen Lebensentscheidungen gewesen, die für die meisten von uns irgendwann und auch immer mal wieder anstehen, und fasst eine Entwicklung von vielen Jahren zusammen. Dieser fast unscheinbare Satz ist das Ergebnis eines langen, intensiven, zum Teil schmerzhaften und dabei sehr wichtigen und stärkenden Befreiungsaktes.
Nun ist es nie einfach, große Lebensentscheidungen zu treffen und durchzuziehen. Angst vor dem Ungewissen und vor Fehlern, das Festhalten an Vertrautem, der fehlende Mut für große Umbrüche – vieles macht uns das Treffen von gewichtigen Entscheidungen schwer und wir sind uns all der widersprüchlichen Gefühle und Befürchtungen in uns oft gar nicht bewusst. Denn, auch das trifft für viele zu, wenn es um wirklich große Entscheidungen geht, fällt es besonders schwer, achtsam zu sein und bei sich selbst zu bleiben. Schließlich müssen wir vor allem eines: funktionieren, damit die Sache über die Bühne geht.
So war es jedenfalls bei mir und ich hätte mir an einer Stelle tatsächlich fast dasselbe Szenario erschaffen, wie das, was ich gerade am Loslassen war – und hatte das nicht einmal gemerkt! Das zu erkennen, hat mich sehr betroffen gemacht, denn eigentlich war ich mir doch sicher gewesen, ich wäre inzwischen so gut bei mir selbst, dass mir das nicht mehr passieren würde.
Aber Achtsamkeit ist eben kein Zustand, den man irgendwann erreicht und der dann einfach da ist und bleibt. Achtsamkeit muss zumindest ich mir immer wieder zurückgewinnen. Achtsamkeit und das Vermögen, wirklich bei mir zu bleiben und mich zu spüren in möglichst vielen Facetten.
Nicht immer initiieren wir große Lebensentscheidungen aktiv selbst, manchmal stellt uns auch das Leben vor vollendete Tatsachen und wir müssen zusehen, wie wir dann mit den neuen Lebensumständen klar kommen (das nennt man dann meist „Krise“). Unabhängig davon, was der Auslöser für umwälzende Veränderungen im Leben ist, für mich ist Achtsamkeit eine Art Floß geworden, auf das ich mich retten kann, wenn ich das Gefühl habe im Strudel des Lebens den Halt und die Orientierung zu verlieren. Dann sitze ich auf meiner kleinen Planke und atme erst einmal durch und komme wieder zu mir. Und das tut so gut, denn nur so kann ich mich auch selbst mitnehmen durch die Veränderungen.