Gelebte Achtsamkeit

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Gelebte Achtsamkeit

In diesen Tagen habe ich wieder mal viele Gelegenheiten dankbar für meine neue gefundene Achtsamkeit zu sein, denn sie hilft mir so sehr dabei, dass ich heute mit Herausforderungen wie Stress, Konflikte und Sorgen ganz anders umgehen kann, als früher.

Nun habe ich mich gefragt: Was heißt es eigentlich ganz konkret, Achtsamkeit zu leben? 

Für mich im Moment das hier: 

  • Immer wieder ganz bewusst annehmen, was ist, und die so quälenden „Warum nur?“-Spiralen (Warum passiert das jetzt? Warum mir? Warum gerade das? usw.) zwar auch wahrzunehmen, aber nicht in sie hinein zu geraten. Hierbei denke ich an das Bild des Surfens – es bringt überhaupt nichts, über die Wellen zu lamentieren oder mit ihnen diskutieren zu wollen, ich muss sie nehmen, wie sie sind, und mich ihnen hingeben, um sie reiten zu können. 
  • Darauf achten, in der Situation nicht auch noch gegen mich selbst zu gehen, also mich nicht zu beschimpfen, mir keine Vorwürfe zu machen, mir nicht noch Kraft mit Zweifeln und Schuldgefühlen zu nehmen (Du tust zu wenig! Wie willst Du das schaffen? Das ist schlecht, was Du da machst! es reicht nicht! Wie konntest Du auch nur? Hättest Du doch … Geschieht Dir nur recht… usw.). 
  • Das tun, was getan werden kann und auch akzeptieren, was ich nicht tun kann: Was ist sinnvoll? Was kann ich wirklich tun und was nicht? Wie viel habe ich schon geschafft? Ist mehr wirklich möglich? Wofür reicht meine Kraft? Was ist jetzt nicht mehr zu ändern? Was kann ich nicht leisten? Wer kann mich unterstützen? Wen kann ich um Hilfe bitten? Was kann im Moment nicht erledigt werden? Immer wieder dahin spüren, dass ich mein Bestes gebe und dass mehr manchmal einfach nicht geht. 
  • Auf mich selbst aufpassen und für mich sorgen, also darauf achten, dass ich ausreichend trinke und esse, dass ich mich ausruhe, dass ich Schlaf bekomme, dass ich mir erlaube, mich auch mal abzulenken von den akuten Problemen und Aufgaben und dass ich auch in der schwierigen Zeit zulasse, mal zu lachen, dass ich Menschen auf Abstand halte, die mir in der Situation nur noch mehr Gewicht auf die Schultern packen würden oder mir anderweitig nicht gut tun, dass ich immer wieder zu neuer Kraft komme usw. 

Und neben all diesen Dingen, die sich in recht konkrete Maßnahmen fassen lassen, ist es für mich ganz wichtig, auch den Wust an Unfassbaren in mir ein Stück weit zuzulassen – die kleinen und die großen Gefühle und Regungen, die auch da sind und die wahrgenommen und kurz gelebt werden wollen, einfach, weil sie zu mir gehören und weil sie mich ausmachen:

  • zwischendurch mal komplett zusammenzusacken,
  • einen bockigen Wutanfall zu bekommen und auch destruktive Gedanken zuzulassen, 
  • für gewisse Augenblicke zu fliehen und einfach nicht da zu sein, 
  • für Momente in meiner Hilflosigkeit wie gelähmt zu sein und das auszuhalten,
  • was Schönes suchen (eine Blume, einen Schmetterling, ein paar schöne Bilder), 
  • jemanden von meiner Situation erzählen, der einfach nur zuhört und sein lassen kann, was ist,
  • heftig fluchen auf jeden und alles,
  • Aggressionen zulassen, in dem ich sie durch Schattenboxen auslebe, 
  • die Tränen laufen zu lassen,
  • zugeben, dass mich meine Kraft verlässt, 
  • einen Moment einfach nur die Wolken anschauen, die der Wind über den Himmel scheucht,
  • ein paar Fotos machen, um mich abzulenken, 
  • spüren, dass von irgendwoher doch noch Kraft kommt, 
  • mich an einen fernen Ort zu träumen,
  • mich auf eine gute Art umarmen zu lassen und mich dabei winzig klein fühlen dürfen,
  • gedanklich ins All fliegen und mein Leben von dort aus anschauen,
  • einige Minuten bunte Kringel auf ein Blatt Papier malen,
  • richtig laut Musik anmachen und alle Gefühle in mir durch einem Tanz ausdrücken…
  • und… und… und… 

Gelebte Achtsamkeit heißt für mich keine Angst mehr davor zu haben, die ganze Vielfalt in mir anwesend sein zu lassen: meinen Verstand, der immer nach Erklärungen und Lösungen sucht, mein fühlender Bauch, dem ich viel mehr vertrauen kann, da er so vieles so fein erspüren kann, mein sprunghaftes Herz, das mich in die unterschiedlichsten Gefühle wirft und ganz oft einfach nur Angst vor allem hat –  ja, das ganze Gequirle von Gedanken, Regungen, Gefühlen und Empfindungen.

Wenn ich mich in meinem ganzen Sein auch in schwierigen Momenten annehme und nichts von mir zu unterdrücken versuche, kann ich das Leben fließen lassen und versuche nicht, es aufzuhalten. Dann bin ich im Fluss, werde zum Teil davon, ja, im gewissen Sinne werde ich selbst zum Fluss und verliere die Angst, darin zu ertrinken, wie heftig die Stromquellen auch immer sein mögen. Und das ist gut. 

10 Kommentare

  1. Liebe Tania,
    Dein Newsletter kam heute ganz genau zum richtigen Zeitpunkt. Danke für diese Zeilen, ganz besonders, was den „Wust an Unfassbarem“ und die gequirlten Gedanken und Gefühle angeht. Ich war gerade dabei (mal wieder…), mich gegen die Wellen zu stemmen, gegen alles, was ich gerade als negativ und runterziehend empfinde – und das ist nicht bloß sinnlos, sondern macht es ja letzten Endes nur noch schlimmer. Nein, auch das darf sein, ich darf auch so sein, ich kann auch das fühlen, es fließen lassen. Danke!
    Fühl Dich umarmt, Almut

    • Eine ganz herzliche Umarmung zurück und lieben Dank für Deine Zeilen,
      Tania

  2. Wie wunderbar Du formulieren kannst, liebe Tanja!
    Dein Newsletter, Dein Achtsames Ich.. sie sind so wertvoll für mich.
    Dort finde ich – wie genau in dieser Beschreibung von Achtsamkeit – Worte, die mir manchmal fehlen, finde ich mich oft wieder.
    Ich lese Deine Texte nicht auf Facebook, dort fehlt mir das Ambiente.
    Ich schreib‘ Dir hier mein „Like“ 🙂
    So so schön, dass es Dich gibt!
    VLG

    • Hui, ganz, ganz lieben Dank für diese Zeilen und den ganz besonderen Like 😀 Ich freu mich!

      Schön, dass es Euch alle gibt!
      Tania

  3. Deine Zeilen sind immer wieder sehr inspirierend, schön, spannend und auch zum nachdenken, toll!
    Diese Facebook sache empfinde ich genau wie du! Was ist ein “ Like“ und braucht man das?? Wieviel hängt bei Vielen davon ab, was passiert mit manchen wenn sie nicht geliked werden???
    Einfach nur schrecklich diese Art von “ Sozialen Netzwerken“ ich werde nie dort sein und denke nicht das das im Leben wichtig ist!!… Aber dafür hier ein ganz grosses “ Danke-like❤️“Für deine Immer so tollen Texte
    Lg Maren

    • Ganz lieben Dank, Maren, ich freu mich sehr.

      Ich bin ja noch nicht lange bei Facebook, einfach weil ich nicht wollte. Gelebte Achtsamkeit hier bedeutet für mich, auch wahrzunehmen, dass man selbst dort sehr schöne und innige Kontakte haben kann … – wichtig ist wohl, wie bei allem, immer wieder in sich zu spüren und nicht einfach alles mitzumachen, sondern nur das, was einem wirklich entspricht.

      Liebe Grüße an Dich,
      Tania

  4. Hallo,

    auch von mir hier ein Danke für die schönen Texte und Inspirationen… ich verweigere Facebook generell, mag lieber diesen schön gestalteten, persönlichen Rahmen… alles Gute weiterhin,
    Karin

    • Herzlichen Dank, Karin – dann freu ich mich darüber, weiterhin hier von Dir gelesen zu werden!

      Alles Gute,
      Tania

  5. Liebe Tania,

    es Balsam für meine Seele, Deine wundervollen Zeilen zu lesen und die der Kommentatoren/-innen nicht minder. Bleibe weiter so authentisch, so persönlich, was Dich unvergleichbar macht.
    Schön, dass es Dich gibt.

    Liebe Grüße Bernd

    • Ganz, ganz herzlichen Dank, Bernd!

      Alles Gute,
      Tania

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