Wenn ich mich umschaue, was alles so zum Thema „Achtsamkeit“ angeboten wird, stoße ich häufig auf den Ansatz, Gefühle überwinden zu wollen (z.B. durch Übungen, durch Meditation, durch Affirmationen). Da geht es dann darum, sich durch Achtsamkeit von seinen Gefühlen zu lösen, um „frei“ zu werden (also nicht mehr von ihnen kontrolliert zu werden). Für mich ist das ein widersinniger Gedanke!
Achtsamkeit ist für mich das Wahrnehmen von dem was IST. Achtsamkeit wertet nicht. In einer achtsamen Welt, wie ich sie verstehe und leben möchte, gibt es keine „schlechten“ Gefühle, sondern es gibt nur ganz verschiedene Farben. Und jede Farbe hat ihre Berechtigung, denn alle Farben zusammen machen das Leben bunt.
Ich will eines auf gar keinen Fall mehr: meine Gefühle überwinden, um dann gleichsam irgendwann über ihnen zu stehen. Damit spalte ich mich von mir selbst ab und von dem, was mich in meinem Sein ausmacht. Ich habe mal geglaubt, dass das gut sein würde, weil ich dann dachte, mehr kontrollieren und besser funktionieren zu können. Aber damit habe ich mich von mir selbst entfernt und das verloren, worauf es für mich ankommt: nämlich in jeder Faser lebendig zu sein.
Es hingegen immer wieder neu zu wagen, die ganze Vielfalt wahrzunehmen und ja zu sagen zu allem, was ist – das ist für mich Freiheit. Keine Angst zu haben vor Gefühlen, sondern mich an ihrer Vielfalt zu erfreuen, das macht für mich Leben aus. Ich brauche meine Gefühle nicht zu fürchten, kein einziges, denn meine Gefühle, das bin ich.
Hallo Tania,
Gefühle zu überwinden, im Sinne von verdrängen, wird auf Dauer nicht funktionieren. Wie Du schreibst, verdrängt man damit einen Teil von sich selbst und außerdem sind diese unerwünschten Gefühle dadurch ja nicht weg, sondern wachsen und brodeln im Verborgenen vor sich hin.
Meiner Erfahrung nach macht allerdings die Dosis das Gift – auch bei der Achtsamkeit. Wahrnehmen und Zulassen ist wichtig. Wenn gleichzeitig die Handlungsfähigkeit nicht darunter leidet ist es optimal. 😉
Eine gefühlvolle Woche wünsche ich
Gerd
Hallo Gerd,
wie schön, von Dir zu lesen! Hatte Dich ja schon bei Facebook entdeckt 🙂
Tjaaaa, die Sache mit der Handlungsfähigkeit… Ich muss sagen, dass ich inzwischen sogar manchmal „froh“ bin, nicht mehr ständig handlungs(und funktions)fähig zu sein, weil wenn ich mich dann frage, was eigentlich los ist, ich oft ganz Wichtiges erkenne. Ich komme immer weiter weg vom „mich zu etwas bringen zu wollen“, hin zum „mit-mir-sein“ und „mit-mir-tun“.
Herzlich,
Tania
Liebe Tanja
Du sprichst mir aus dem Herzen. Es wirklich so wie Du schreibst, Gefühle sind da um sie wahrzunehmen und sind weder gut noch schlecht. Ich erlebe gerade, dass Wut die ich bewusst wahrnehme sehr befreiend ist. Danke für den liebevollen Newsletter.
Katharina
Und ein ganz herzliches Dankeschön für Deine Rückmeldung!
Tania
Liebe Tanja,
gerade habe ich aus einem waren Gefühlschaos wieder herausgefunden und finde dieses Thema daher besonders spannend. Vor lauter Angst, Scham , Trauer und Unsicherheit war ich nicht mehr in der Lage selbst Entscheidungen zu treffen. Die Gefühle waren für mich zu geballt, zu übermächtig um auch noch andere Gefühle wahrzunehmen.Mir hat geholfen, dass ich positive Affirmationen hinzugezogen habe, die ich mir regelrecht „eingetrichtert“ habe. Mein Denken und später Fühlen konnte sich wieder darauf fokussieren, dass ich noch mehr bin nämlich auch liebenswert, verzeihend, liebend u.v.m. Mit der Zeit hat sich dann alles wieder relativiert, so dass ich heute wieder meine ganze Palette von Gefühlen sehen und spüren kann, ohne dass es mich unfähig macht Entscheidungen zu treffen und entsprechend zu handeln.
Jeder macht auf seine Weise seine Erfahrungen und ich bin dankbar, dass du deine auch anderen zur Verfügung stellst.
Liebe Grüße Angelika