Alles gut?

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Alles gut?

Es gibt einen Satz, den ich sehr oft zu anderen Menschen sage, und dieser Satz lautet: „Alles gut!“ Ich bin diesem Satz auf der Spur, denn ich ahne, dass ich mich viel zu oft hinter diesen zwei Worten verstecke. 

Klar, „Alles gut!“ sage ich dann, wenn wirklich alles gut ist, um eben genau das zu signalisieren.

Aber oft genug sage ich „Alles gut!“, um z.B. jemanden zu beschwichtigen, um zu vermeiden, dass man sich über mich ärgert oder um einen Konflikt zu beenden. Ich sage das auch, um aus einer unangenehmen Stimmung herauszukommen oder um zurückzunehmen, was ich vorgeschlagen habe oder gerne gewollt hätte. Ich sage diesen Satz viel zu oft, um von mir abzulenken, um nicht zu zeigen, wenn mich etwas getroffen oder verletzt hat. Ich sage diesen Satz dann, um selbst nicht reinzuführen, was wirklich los ist.

Ich erkenne, dass dieser kleine Satz wie ein Schild sein kann, das ich vor mir hertrage, und mit dem ich sehr wirkungsvoll Abstand herstellen kann. Abstand zu anderen Menschen und zwischenmenschlichen Kontakten, die schmerzhaft sind oder sein könnten – vor allem aber Abstand zu mir selbst, nach dem Motto: Forsche nicht weiter nach, fühle bloß nicht weiter rein, geh am besten einfach darüber hinweg.

Achten Sie doch vielleicht einmal selbst darauf, ob Sie auch solche Sätze finden, mit denen Sie sich zu entziehen versuchen – Gesprächen, Konflikten, Gefühlen. Ich merke, dass es gut ist, zu durchschauen, was ich da oft ganz unbewusst mache, denn so bekomme ich – bevor die zwei Worte mal wieder so schnell ausgesprochen sind – überhaupt erst eine Chance, einmal ganz bewusst in mich zu fühlen, ob wirklich alles gut ist. 

6 Kommentare

  1. Hallo Tania,

    ja, das kann ich alles sehr gut nachvollziehen und bestätigen. Diese beiden Worte gebrauche ich tatsächlich auch häufig und in den Zusammenhängen, die du so treffend schilderst.
    Ich habe gemerkt, dass ich oft „keine Ahnung“ sage, wenn ich etwas gefragt werde. Diese Universalantwort habe ich meistens schon ausgesprochen, bevor ich richtig nachdenken kann. Und es geht nicht nur um Wissensfragen. Meine Meinung? Meine Wünsche? Meine Fähigkeiten? Meine Träume? … „keine Ahnung“ – Schluss aus! Keine weiteren Fragen!? Ich glaube, ich gehe mal in mich und suche ein paar Antworten …

    Danke für deine Anregungen
    Elisa

  2. Hallo Tania,

    dieses „Alles gut!“ ist eine Formulierung, der ich persönlich gar keinen Wahrheitsgehalt mehr zutraue, wenn ich sie höre oder sie sich in mir bildet. Zu oberflächlich kommt sie daher, so vereinfachent, so im Grunde nichts sagend zusammenfassend.
    Ein Pendant dazu ist für mich „Wie geht’s?“ Wie selten interessiert es den Frager doch wirklich, wie es dem Gefragten geht.

    Viele Grüße 🙂

  3. Oh ja, „Keine Ahnung“ ist genau so ein Satz, Elisa!

    @ Sabine: Ich war mit meinen Gedanken sehr bei unseren eigenen Formulierungen. Ich glaube, es ist einfacher, solche Sätze bei anderen zu finden, als sie bei sich selbst zu entlarven, kann das sein?

    Herzlich,
    Tania

    • Hallo Tania,

      da gebe ich dir Recht … sie bei sich selbst zu entdecken bedarf oft schon eines u.U. schonungslos ehrlichen Blickes in den Spiegel. 😉

  4. Die Gedanken „Alles gut“ habe ich meinem Sohn und seiner Freundin zu lesen gegeben, als beide mal wieder „Alles gut“ plapperten, mal als Frage, mal als Antwort, mal nur so daher gesagt. Dieses „Alles gut“ empfand ich schom seitdem es jetzt in aller Munde ist, als leere Worthülse, ohne dass es denjenigen, die es sagen, bewußt ist.
    Den beiden jungen Leuten (22 und 23 Jahre)hat der Blog sehr zu denken gegeben, und ich glaube und hoffe, dass das oberflächliche „Alles gut“ aus deren Wortschatz verschwinden wird.

    Manchmal wird einem gar nicht bewußt, welche Phrasen so einfach daher gesagt werden, und ein Spiegel wie dieser Blog hilft doch sehr auf die Sprünge.

    Dafür ein dickes Dankeschön an Tania Konnerth.

    • Das freut mich sehr, dass ich da einen kleinen Impuls geben konnte!

      Herzlich,
      Tania

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