Meine Wildheit

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Meine Wildheit

Ich habe einen Becher geschenkt bekommen. Einen sehr edlen Becher aus Keramik zum Beispiel für Tee, außen weiß, innen in einem zarten Blau. Schlicht ist er und von zauberhafter Schönheit. Fast kann man den Clou an diesem Becher übersehen: in der Innenseite ist das Wort „Wildheit“ zu lesen.

Diesen Becher bekam ich von einer sehr guten Freundin. Solche Geschenke bekommt man nur von Menschen, die einen wirklich gut kennen. Nun sitze ich mit diesem Becher in meinen Händen hier und spüre den Schmerz und die Sehnsucht genau danach: nach meiner Wildheit.

Meine eigene Wildheit ist ähnlich gut versteckt wie die in dem Becher. Irgendwo tief innen ist sie eingeprägt, unauslöschlich zwar, aber nur heimlich und unauffällig und dadurch leicht zu übersehen – für andere,  vor allem aber für mich selbst.

Wildheit – ich weiß ganz genau, was das für mich ist und doch ist es noch so unerreichbar. Es ist mir so nah und gleichzeitig so fern. Dabei bin es nur ich selbst, die sich davon abhält. 

Ich denke, wir alle haben solche versteckten Themen in uns, die eigentlich so sehr zu uns gehören, die wir aber – aus welchen Gründen auch immer – (noch) nicht leben (können).

Überlegen Sie einmal kurz: Was ist es für Sie?

Bei solchen, tief verborgenen Anteilen und Sehnsüchten in uns ist es leider nicht mit all den „Finde Dich selbst“-Tipps aus den Ratgeberprogrammen getan. Denn die Gründe, die wir haben, diese Themen nur als tief in unsere Seele gestanztes Wort zu bewahren, nicht aber wirklich auszuleben, sind mächtig.

Im Moment lasse ich das Wort „Wildheit“ einfach in mir schwingen. Ich schau in meinen wunderschönen Becher und erinnere mich an all das, was ich längst weiß über die Wildheit in mir und lasse auch zu, was es mit mir macht, daran zu denken. Ich spüre meine Angst und meine Begrenzung, meinen Frust und meine Enttäuschung. Ich erlaube mir das Gefühl traurig zu sein, dass ich diesen Teil (noch) nicht lebe. Denn das ist es, was jetzt ist. 

Und doch lächele ich auch, denn ich weiß, sie ist da, die Wildheit. Sie gehört zu mir. 

 

Wildheit

5 Kommentare

  1. Liebe Tania!

    Ich bin erst vor kurzem auf deine Seite gestoßen. Eher zufällig, aber mitten in einem Umbruch in meinem Leben mit vielen Veränderungen. Vielleicht auch deswegen. Deine Art zu schreiben und deine Gedanken „zu Papier“ zu bringen bewundere ich. Mit vielem sprichst du mir aus der Seele.
    Die „Wildheit“ gefällt mir besonders gut, weil ich das absolut nachvollziehen kann und ich mich darin wiederfinde.

    Schreib bitte weiter so…..

    Ganz liebe Grüße
    Matthias

  2. Liebe Tania,

    welch‘ schöne Zeilen – ich danke dir!
    Ich lese nun schon eine Weile in deinem Blog, und ohne dich persönlich zu kennen kann ich mir „Wildheit“ wunderbar in & bei dir vorstellen. Ich finde sie kommt auch in deinen Bildern und auch in deinen Worten deutlich zum Ausdruck – im Sinne von: Leidenschaftlichkeit, Natürlichkeit, Ungestümtheit.
    Bei mir resoniert die „Wildheit“ auch sehr, und: Frechheit, Abenteuerlust – Dinge & Seiten, die ich noch mehr leben und integrieren möchte.

    Alles Liebe zu dir & deinen Lesern,
    Carolin

  3. Herzlichen Dank, Euch beiden, für Eure Kommentare. Es freut mich besonders, dass dieser Text auf Resonanz stößt!

    Auf eine Prise mehr Wildheit erstmal jedenfalls ;-), für alle von uns,
    Tania

  4. Liebe Tania,
    was ist es für mich? Völlig spontan und ohne eine Sekunde Überlegung war da in meinem Kopf: Freiheit. Ich bin ein bisschen erschrocken…
    Danke für deine wie immer wunderbaren Zeilen und was sie mit mir machen.
    von Herzen, Almut

    • Ganz lieben Dank, Almut…, ja, das mit dem Erschrocken-sein kenne ich auch.

      Lieber Gruß an Dich,
      Tania

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