Im Moment lebe ich etwas, was ich wohl hätte schon als Jugendliche leben sollen, aber wie sagt man so schön: besser spät als nie, nicht wahr? Denn erst jetzt, wo es mir möglich ist, bewusster wahrzunehmen, was um mich, was in mir und was mit mir passiert, merke ich erst, was andere Menschen mit mir tun. Vorher war ich mir oft selbst so fern, dass ich mich kaum spüren konnte und annahm, all das muss wohl so sein. Nein, muss es nicht!
Was ich tue? Ich rebelliere! Und zwar gegen alte Muster, gegen Respektlosigkeit, gegen Anmaßung, Bedrängung und Vereinnahmung. Ich rebelliere dagegen, klein gemacht und gehalten zu werden. Ich rebelliere dagegen, das alles bleibt wie es war.
Oder anders gesagt: Ich stehe auf. Ich erhebe mich für mich selbst. Ich sage nein und ich wehre mich, wenn es nötig ist. Ich ermögliche mir, mich verändern zu dürfen, ich achte darauf, genug Spielraum zu haben, um wachsen und mich weiter entwickeln zu können. Ich sorge endlich dafür, ICH sein zu können.
Wie zu erwarten war, sind nicht alle in meinem Umfeld davon begeistert, zumindest die nicht, die es sich ziemlich gemütlich bei mir machen konnten, weil ich immer bereit war, ihnen Platz zu machen und ihren Erwartungen zu entsprechen und das anzunehmen, was sie für mich vorsahen. Ich habe sehr viele Menschen auf die unterschiedlichsten Arten bei mir einmarschieren lassen, meine unguten Gefühle ignorierend und den sowieso schon zaghaften inneren Aufschrei unterdrückend. Ich glaubte, das muss so sein, ich dachte, so zeigt man Liebe und ich fürchtete die Konsequenzen, wenn ich das nicht so mache.
Ich rebelliere also auch gegen meine Angst und gegen Glaubenssätze in mir, gegen Annahmen und Vorgaben, die vor allem zu einem führten: dass ich mich selbst verlor. Und so stehe ich nun mit mir selbst an der Hand da und fordere Raum für mich. Ich führe keinen aktiven Kampf, aber, wenn ich merke, dass mir etwas nicht gut tut, benenne ich es und wehre mich damit gegen vieles, was „irgendwie immer so war“. Ich will gar nicht, dass andere sich ändern für mich, aber ich will sein können, wer ich bin. Es geht mir nicht darum, anderen zu sagen, was sie tun sollen, aber nehme mir das Recht auszusprechen, was andere in Bezug auf mich lassen sollen.
So offen ein Rebell zu sein, ist etwas Neues für mich, das habe ich bisher allenfalls heimlich gemacht. Und auch wenn ich dabei meine Angst spüre und alles gerade sehr anstrengend ist, fühlt es sich gut und richtig an – richtig für mich.
Das Schöne ist: Ich mache die Erfahrung, dass ich für mich sorgen (und damit rebellieren) kann, ohne meine Liebe zu den anderen zu verlieren, im Gegenteil: eigentlich kann ich viel ehrlicher lieben, wenn ich bei mir bleibe. Und im Gegenzug sorgt meine Rebellion keineswegs (wie befürchtet) überall für Ablehnung, auch hier ganz im Gegenteil: immer öfter erlebe ich eine Nähe, wie ich sie vorher kaum kannte (wahrscheinlich, weil ich endlich DA bleibe).
Wie vor so vielem hatte ich immer auch Angst davor, tatsächlich für mich zu sorgen und einzustehen, weil ich ahnte, dass es anderen nicht unbedingt gefallen würde. Aber gefallen zu wollen, ist nicht mehr mein Hauptziel. Heute geht es mir um Achtsamkeit – anderen, aber eben auch mir selbst gegenüber. Achtsam zu sein, mich selbst zu spüren und wahrzunehmen, was etwas mit mir macht, ermöglicht überhaupt erst, für mich einzustehen – und dazu bin ich inzwischen bereit. Es tut gut, nicht mehr ständig gegen, sondern endlich auch mal für mich zu kämpfen!
Da mach‘ ich doch sofort mit! 😉
Dein Text spricht mir aus der Seele.
Danke.
VLG
😉
Herzlich,
Tania
Hallo,
habe gerade beim lesen etwas feuchte Auge bekommen. Nach meinen letzten 3 Beziehungen (7Jahre, 4 Jahre & 7 Jahre) bin ich mir dessen auch klar geworden. Rückblickend habe ich mich jedes mal verbogen, mich selbst verloren und dabei trotzdem immer geglaubt bei mir geblieben zu sein, mich und mein Wesen vertreten zu haben… Ich war nie bewusst alleine mit mir selbst.
Ich habe Freundschaften bzw eher Bekanntschaften aber diese sind (für mich)eher oberflächlich. Ich kann nicht behaupten das mich einer dieser Menschen wirklich kennt und habe irgendwann aufgehört meine Meinung oder Standpunkte zu äussern. Ich hatte und habe es satt mich z.B. ständig rechtfertigen zu müssen warum ich keine Kinder will… Also habe ich einfach geschwiegen und nur noch innerlich für mich rebelliert. Das hat mich fast kaputt gemacht, bis die Bombe geplatzt ist und viele mich nicht mehr wieder erkennen. Was von meiner Seite aus nachvollziehbar ist.
Jetzt sitze ich hier in meiner leeren Wohnung und fange an mich mit mir selbst zu beschäftigen, mich neu zu erfinden und weiß nicht wie. Klar kann ich von einer Verabredung zur anderen rennen um beschäftigt zu sein aber das bringt mich doch nicht weiter oder? Wie machen das andere Menschen, wie machst du das?
Ich lernte von meiner Mutter (auch das ist mir erst jetzt klar geworden), immer stark zu sein, keine Schwäche zeigen, niemand anderen zu belasten, meine Probleme selbst zu lösen und niemanden zu zeigen das ich überhaupt welche habe. Immer schön Fassade aufrecht erhalten war das Motto.
Genauso typisch für mich ist, mich nach dem ich dies geschrieben habe schlecht und egoistisch zu fühlen.
Nun ja, ich danke dir für all deine geschriebenen Gedanken und merke einmal mehr nicht ganz so anders und alleine zu sein wie es mir meist scheint.
Herzlichen Dank für Deine berührenden Zeilen.
Für mich hört es sich so an, als bist Du genau am richtigen Punkt angekommen: Du mit Dir selbst. Aber vielleicht geht es nicht darum, sich „neu zu erfinden“ (was ja dann auch nur wieder eine Fassade wäre), sondern Dich selbst zu entdecken, so wie Du bist.
Ich glaube, man kann in jeder Situation üben, bei sich zu bleiben, auch bei Verabredungen und in Kontakten mit anderen. Genauso wichtig finde ich aber auch Zeit für sich allein, um sich eben wirklich mit sich selbst zu befassen, ohne das Echo, zu dem man manchmal durch andere wird.
Fühl vielleicht mal behutsam rein, wer da in Dir innerlich all die Zeit rebelliert hat und vor allem auch WOFÜR. Ich für mich bekomme immer mehr Kontakt zu dem, wofür ich rebelliere und was ist da finde, ist etwas ganz Schönes für mich.
Alles Liebe,
Tania
Ich lese mich gerade durch deinen wunderbaren Blog und als ich auf diesen Beitrag gestoßen bin habe ich mich besonders verstanden gefühlt. Ich bin noch ziemlich jung (16) und arbeite ziemlich viel an meiner Achtsamkeit bzw allgemein an mir. Die Rebellion fühle ich in mir sehr stark, in den letzten Jahren, in denen ich endlich zu meiner eigenen Meinung stand, entwickelte sie sich immer mehr. Ich wurde und werde sehr viel eingeengt durch meine Mutter. Mir werden Entscheidungen aufgezwungen und jede meiner eigenen Träume, Wünsche, Meinungen und Ideen die nicht nach ihrem Sinn gehen, werden versucht zu vernichten. Ich lasse es einfach nicht mehr mit mir machen (meistens, ich bin noch nicht am Ende meines Weges), ich versuche zuerst herauszufinden warum mein Gegenüber mich so beinflussen will. Und auch wenn ich weiß warum, rebelliere ich. Nicht gegen Ideen die für mein Wohl sind, sondern gegen Entscheidungen die mich einsperren wollen. Die mir meine Freiheit nehmen wollen.
Früher hatte ich keine Achtung vor mir, für mich war ich nie gut genug. Heute kämpfe ich immer noch mit dem Selbsthass, der Angst zu Vertrauen, aber dadurch dass ich mich zu Wort kommen lasse kann ich damit umgehen und daran arbeiten. Ich kann mich die meiste Zeit annehmen und auch lieben.
Sehr viel aus deinem Blog kann ich mitnehmen und dafür danke ich dir, danke für alles was du schreibst!
Liebe Grüße Lisa
Herzlichen Dank, Lisa, für Deine Zeilen, und alles, alles Gute auf Deinem Weg!
Ein lieber Gruß zurück,
Tania