Passt?

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Passt?

„Wer nicht in diese Welt zu passen scheint, ist nahe daran, sich selbst zu finden.“ 

Hermann Hesse

Dieses Zitat fand ich vor einigen Tagen und irgendwie lässt es mich nicht los. Ich kaue auf diesen Worten herum wie auf einem zähen Kaugummi.

Beim Lesen habe ich sofort innerlich genickt, aber gleichzeitig gedacht, dass das so nicht stimmen kann. Ich kenne das Gefühl, nicht zu passen, sehr gut. Lange genug habe ich versucht, mich passend zu machen. Jetzt, wo ich das nicht mehr will und akzeptiere, scheinbar nicht zu passen, habe ich immer öfter das Gefühl, genau richtig zu sein; also eben doch zu passen. 

Kann denn das Gefühl, nicht zu passen, tatsächlich ein Ausdruck davon sein, sich selbst nahe zu sein? Dann wäre ja in jedem Fall etwas falsch: ich oder die Welt. Aber vielleicht ist ja alles genau richtig wie es ist und wir passen jede/r auf unsere Art perfekt? 

Vielleicht stimmt für mich eher der Gedanke: Wem egal ist, ob er in diese Welt passt, der ist bei sich selbst? Oder: Wer das Gefühl hat, diese Welt passt genau zu ihm, der hat sich selbst gefunden? Oder: Wer erkennt, dass man selbst und die Welt auf eine ganz eigene Art perfekt zusammenpassen, der ist bei sich selbst?

Ich weiß es noch nicht. Irgendetwas stimmt an dem Ursprungszitat für mich und etwas auch ganz deutlich nicht. Ich werde noch ein bisschen weiter darauf herumkauen.

Mit Ihnen wollte ich es teilen, denn vielleicht lösen diese Worte auch bei Ihnen eine ähnliche Auseinandersetzung mit der Aussage aus?

13 Kommentare

  1. interessant! wirklich

    aber da ich H Hesse schätze und mag, interessiert es mich in welchem Zusammenhang das Zitat steht.
    Im Roman, Aufsatz, Zeitungsartikel, im Briefwechsel o.a. ?
    Auch in welchem Zusammenhang das Zitat steht (politisch!?)

    Für einen weiteren Hinweis dankend,

    grüßt

    Klaus !

  2. Liebe Tania,

    ich war mal wieder nicht geduldig 🙁

    Das Internet bietet sofort Antwort auf meine Frage.
    Das Zitat steht im „Demian“
    und bei den Kommentaren zu den Zitaten fand ich folgendes:

    …Bei Hermann Hesse hat das „Sich-selber-finden“ etwas mit Selbstbestimmung zu tun.
    Das angepasste „in- der-Welt-sein“ stünde demnach für Fremdbestimmung.
    ….

    Könnte auch für Ihre Überlegungen interessant sein, oder ?

    Gruß!

    Klaus

    • Ja, durchaus!

      Danke für die Anregung,
      Tania

  3. Liebe Tania,

    stimmt! Das Zitat macht auch was mit mir. Nicht zu passen heißt auf jeden Fall anders sein als der Rest. Und anders sein ist für mich ein synonym für einzigartig sein und besonders. Wer sich seiner Einzigartigkeit bewusst ist und diese auch annehmen kann (ist jetzt auch gar nicht überheblich gemeint), der ist sich schon selbst sehr nahe gekommen.

    Jetzt stelle ich mir nur noch die Frage, wer überhaupt entscheidet ob man passt oder nicht? Sind es die Leute, die Gesellschaft oder ist man es doch selbst?

    Wie Sie sehen, auch ich kaue noch.

    Liebe Grüße

    Cornelia

    • Gute Frage, Cornelia!

      Und kann es nicht vielleicht auch sein, dass wir einfach oft nur glauben, nicht zu passen (weil wir genau davor Angst haben) und nur deshalb das Gefühl haben, ach so anders zu sein als andere?

      Herzlich,
      Tania

  4. Hallo,
    danke für das Zitat und die Gedanken dazu!
    Auch für mich sind Widersprüche im Zitat, die mich dazu anregen, darüber nachzudenken.
    Wer nicht in diese Welt zu passen SCHEINT …. dieses letzte Wort gibt mir zu denken.
    Ist es vielleicht „nur“ die persönliche Wahrnehmung, dass ich nicht in diese Welt passe? Und ist vielleicht genau diese Wahrnehmung erforderlich, um dieses Mich-an-die-Welt-Anpassen-Müssen endlich in Frage zu stellen?
    Vielleicht beschreibt Hermann Hesse den Prozess, sich mir selbst zuzuwenden, indem ich feststelle: ich passe nicht in diese Welt. Ich stelle meine Einzigartigkeit dadurch fest.
    Aber dabei bleibt es nicht. Denn ich SCHEINE nur nicht in diese Welt zu passen. Ich muss mich absondern, um aus der unreflektierten Anpassung an die Welt erst einmal heraustreten zu können und damit eine Chance zu haben, „mich selbst zu finden“. IN der Verschmelzung mit der Welt kann ich mich nicht finden.

    Aber ich glaube, dann geht es noch weiter. Vielleicht in Richtung der Erkenntnis, dass ich auf einer neuen Ebene Teil dieser Welt bin wie jeder andere Mensch und überhaupt alle und alles auch.

    Ein paar Gedanken dazu.

    Schöne Grüße
    Ulrike

    • Herzlichen Dank dafür, Ulrike.

      Liebe Grüße,
      Tania

  5. Das ganze ist wohl deutlich komplexer als es im ersten Moment scheint. Weiter kommt man so glaube ich, wenn man einen Unterschied zwischen Ich und Selbst macht. In diesem Sinne muesste man sein Ich verlieren um sein Selbst zu werden. Verliert man aber sein Ich so fühlt man sich fremd in der Welt.

  6. Liebe Tania, ich für meinen teil spüre mit zunehmendem Alter (bin jetzt 49) eine innere Bewegung, ich will gar nicht mehr um jeden Preis „passen“. Es ist mir immer mehr egal, was andere über mich denken oder ob sie gutfinden wie und was ich bin und mache. Die Lebenszeitist ist soooo kurz und ich mag sie nicht mehr verschwenden wollen für ein – den Anderen gefallen wollen, müssen? – Je mehr ich dieser Linie treu bleibe, um so mehr verändern sich meine Begegnungen. Immer öfter lerne ich Menschen kennen, die sich vom ich muss/will alles haben, dem Commerz, Karriere verabschiedet haben. Diese Menschen z.B. waren früher kaufmännische Angestellte und sind nun Tierkommunikatoren, Heilpraktiker, arbeiten mit Engeln und Energien. Und wie sollte es da auch anders sein, kam mein Kindheitstraum wieder hoch … ich wollte einmal Tierärztin werden und bin ebenfalls im Büro gelandet … Nun habe ich mit der Ausbildung zur Tierheilpraktikerin begonnen und werde sicherlich noch ganz andere Dinge angehen, die nun so gar nichts mehr mit dem Bürodasein zu tun haben. Ich kann es kaum erwarten! Und so spüre ich mein immer mehr wachsendes innneres Glück, endlich auf dem Weg zu sein zu mir . Liebe Grüße Ortrun

    • Herzlichen Dank, Ortrun, für Deine Zeilen. Ja, ich mache sehr ähnliche Erfahrungen. Genieße diesen Weg zu Dir und mit Dir, es ist ein wunderschöner!

      Alles Gute,
      Tania

  7. Am gestrigen Vorabend meines 49igsten Geburtstag fand ich „zufällig“ obiges Zitat – & es erfüllt mich mit Freude 🙂 ….die mich auf direkt beim morgendlichen Aufwachen begleitete.

    Ich merke, dass ich es inzwischen „schön“ finde, nicht in diese Welt zu passen – wobei Hesse schreibt „zu passen scheint“.

    Ich glaube, wenn man dies annehmen kann, kann etwas Größeres entstehen – ein Weg zu den eigenen Talenten – was eben auch manchmal mit einer für sich selbst und andere schmerzhaften Phase der Ent-Puppung gehört…

    Spontan kam mir dazu noch in den Sinn der Begriff der Individuation.

    Danke für den Raum zum Gedanken wechseln!

    Herzliche Grüße aus München ins schöne Lüneburg
    Claudia

    • >> … wobei Hesse schreibt „zu passen scheint“

      Jaaa, genau, „zu passen scheint“ 🙂 Dieses kleine Element finde ich auch sehr wichtig.

      Lieben Dank für Deine Zeilen und herzliche Grüße zurück ins schöne München!
      Tania

  8. Das Gefühl „wo gehöre ich hin“ hat mich auf dieser Seite geführt. Jetzt wo ich das geschrieben sehe, sagt es sofort in mir, das ist nur ein Gedanke. Weder ist es so, noch ist es nicht so. Aha. Doch etwas identifiziert sich mit diesem Gedanken, fühlt ihn, hält ihn für wahr und sucht dann im Netz nach Menschen, mit denselben Erfahrungen. Ja, und? Eben, und jetzt? Jetzt? Jetzt ist hier.

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