Liebes, jüngeres Ich…

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Liebes, jüngeres Ich…

In diesen Tagen bin ich sehr in Kontakt mit der Zeit genau vor 20 Jahren.

Im Sommer 1995 bin ich für drei Monate in die USA gegangen. Allein. Ich bin dort erst zwei Wochen gereist, habe dann zwei Monate in einem Nationalpark gearbeitet und bin danach noch einmal zwei Wochen gereist. Für viele ist das heute ganz normal, so etwas nach der Schule oder im Studium zu machen – für mich war es ein Riesending. Noch in der Schule hatte ich massiv geblockt als es um einen Gastfamilienaufenthalt in England ging, zu groß war meine Angst und zu stark mein Heimweh schon auf einer normalen Klassenfahrt. Länger als eine Woche allein weg zu sein, schien mir unerträglich und auch unmöglich… Tja, und ein paar Jahre später machte ich mich für drei Monate auf ins Ungewisse (ich war vorher noch nicht in den USA gewesen). 

Ich hatte Lust, dieser jungen Frau, die ich damals war, einen Brief zu schreiben: 

Liebe Tania von 1995,

ich möchte dir heute schreiben, weil ich gerade sehr viel an dich denke und an das, was du damals gemacht hast. Außer uns beiden weiß wahrscheinlich kaum jemand, was die Reise in die USA wirklich bedeutet hat. Wie viel Mut sie gekostet hat und wie viel an Befreiung und Kraft sie freigesetzt hat. 

Der Schritt, diese Reise zu wagen und im Ausland zu arbeiten, war riesig für dich, aber du hast ihn gemacht und du bist in ihn hineingewachsen. Ich sehe dich in all den verschiedenen Situationen vor mir, von traurig bis euphorisch, von allein bis mitten drin im Trubel, von kämpfend bis annehmend, von unsicher bis bollestolz, von ringend bis selbstsicher, von so weit weg bis ganz nah. Ich spüre heute noch genau, wie stark dich diese Reise damals gemacht hat und wie wichtig sie war für dich.

In deinen Aufzeichnungen auf der Reise schriebst du: „Wovor sollte ich jetzt noch Angst haben?“ Aber nach deiner Heimkehr kam sie doch wieder, die Angst, und sorgte dafür, dass du dich für die Illusionen „Sicherheit“ und „Kontrolle“ entschiedest. Du warst noch sehr jung damals und konntest wahrscheinlich nicht erkennen, an welcher bedeutenden Weggabelung du damals standest…

Wenn ich dir aus meiner heutigen Sicht etwas sagen könnte, würde ich Dir laut zurufen: Hab keine Angst vor Veränderungen, sondern suche und umarme sie, denn sie gehören zum Leben. Sage ja zu dir selbst und kämpfe nicht gegen dich. Bleib bei dir und sorge gut für dich. Nimm wahr und tue das, was dein Herz möchte, und höre weniger auf deinen Kopf. Lebe mit all deinem Mut und sei mit all diesem Mut du selbst. Die Welt ist ein Ort voller offener Türen und es wartet so unendlich viel auf dich, wenn du dich nur aufmachst. Lauf los, renne, springe, tanze, fühle, lache, singe, genieße, staune, liebe und lebe!

Deine Tania von 2015 

2 Kommentare

  1. Liebe Tania,

    ich finde es toll, was du deinem damaligen Ich schreibst und du darfst dich mit Recht und Stolz an die Zeit erinnern. Du kennst den Stellenwert deiner Reise!
    Vor 20 Jahren hast du eine wertvolle Erfahrung gemacht. Du warst vielleicht noch nicht „reif“ für den Mut und die Umsetzung, deinem Leben eine Richtung zu geben, die dir heute entspricht, aber das ist auch nicht ausschlaggebend. Deine Reise war ein wichtiges Puzzleteil, ein Meilenstein auf dem Weg, ohne das es die Tania von 2015 nicht so geben würde.
    Was wäre dir entgangen, wenn du nicht die ganzen Umwege gegangen wärst, die Angst vor Veränderungen nicht erlebt hättest, die Zweifel, die Entfremdung von dir selbst? Ich bin sicher, dass es gut ist, dass du damals nicht den direkten Weg gegangen bist. Du wärst heute eine andere. Nicht besser oder schlechter – anders.

    Es ist und war dein Weg und er geht weiter, Umwege und Verirrungen inklusive. Es bleibt spannend, nicht wahr? 🙂

    Ich mag deinen Blog.

    Liebe Grüße
    Elisa

    • Ja, es ist und bleibt spannend!!!

      Ganz lieben Dank für Deine Zeilen,
      Tania

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