Glücksterror?

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Glücksterror?

In einem (sehr lesenswerten) Artikel in der Zeit lernte ich neulich ein neues Wort: „Glücksterror“!

Wie erleichtert lachte ich auf und konnte nur bestätigend nicken, denn auch ich kenne es nur allzu gut, dass viele von mir ständige Glückseligkeit zu erwarten scheinen. Gerade ich als Autorin von inspirativen Texten und Selbsthilfeliteratur – natürlich muss ich doch wissen, wie Glück geht, nicht wahr? 

Es macht schon nachdenklich, wie selbstverständlich die Erwartung vieler ist, dass glücklich zu sein, ein Dauerzustand sein müsste. Für mich waren und sind Glücksgefühle immer schon nur ein Element von vielen in der großen Gefühlstüte des Lebens. Genauso wie glücklich zu sein, schätze ich auch dunklere Töne. Neben Fröhlichkeit und Euphorie suche ich auch die Melancholie und ja, manchmal auch den Schmerz. Oft sogar sind mir die schweren Gefühle näher als die leichten. Deshalb aber geht es mir nicht „schlecht“ und deshalb muss auch keiner Mitleid mit mir haben. 😉 

Ich finde es köstlich, jetzt einen Begriff dafür zu haben, wenn ich mal wieder den Ansprüchen anderer gegenüber stehe, die von mir Dauerfreude erwarten. All Ihr lieben Glücksforderer: Ich weiß, Ihr wollt nur mein Bestes, aber bitte lasst mich auch weinen und brüten und düster sein. Es gehört zu mir und wie ich denke, auch einfach zum Leben.

 

7 Kommentare

  1. Hallo Tania,

    wunderbar, du nimmst mir den „Druck“ 😉 .

    Als ich nach einer Lebenskrise aus dem Sumpf auftauchte, war ich froh, endlich wieder zu fühlen und die verschiedenen Gefühle unterscheiden zu können. Ich verabschiedete mich vom ewigen schwarz-weiß und lebe seither viel lieber bunt. Ich möchte auf keine Farbnuance mehr verzichten, ohne dunkle Schattierungen fehlt dem Bild die Tiefe. Ich möchte nicht nur ein knalliges Gelb sondern auch ein Nachtblau oder Dunkelgrün. Ich vermeide keine Gefühle mehr, sondern durchlebe sie – alle.

    Danke dir,
    Elisa

    • Ja, genau so!

      Ganz herzlich,
      Tania

  2. Da stimme ich vollinhaltlich zu – das Leben ist zu bunt, um nur die „fröhlichen“ Farben zu geniessen – auch die dunklen Farben haben ihren Reiz – und ist es nicht wichtig, die Schattenseiten zu kennen, um sich der Sonnenseite entsprechend laben zu können? Toller Artikel, kurz und aussagekräftig!

  3. Liebe Tania, ein wunderbarer Artikel. Ja, Glücksterror ist absolut das richtige Wort.

    Ich denke mir: Im Mittelalter wurde auch die ewige Glückseligkeit versprochen – dann, wenn man ins Paradies kommt. Da da aber nur ganz wenige hinkommen, muss man sich zu Lebzeiten ganz besonders anstrengen, moralisch leben, viel beten und sich zur Not mit einem Ablassbrief aus dem Fegefeuer freikaufen.

    Die Glückpriester der heutigen Zeit versprechen uns das Paradies sogar noch auf Erden. Wir müssen also nicht warten, sondern können es JETZT und SOFORT haben. Dafür müssen wir uns aber ganz besonders anstrengen, uns persönlich weiterentwickeln, positiv denken und uns ein teures Coachingseminar nach dem anderen reinziehen. Das selbe Prinzip – ein furchtbarer Terror.

    Nicht, dass etwas gegen all diese Dinge spricht, natürlich kann man positiv denken, medtieren und Coachingseminare beuschen genauso wie es sicherlich noch nie verkehrt war moralisch zu leben oder zu beten. Aber Glück ist letztlich eine zeitweise Begleiterscheinung davon – nicht aber der Dauerzustand oder gar das Ziel.

    Ich finde die Parallele erstaunlich und irgendwie witzig… Ich hoffe, du kannst damit was anfangen! Liebe Grüße 🙂

    • Liebe Franziska,

      vielen Dank für Deinen Kommentar. Ich finde schon die Vorstellung vom Paradies selbst interessant… und frage mich, ob es wirklich paradiesisch wäre, in reiner Glückseligkeit zu leben. ich glaube, dass wir so etwas wie Glück und Zufriedenheit nur empfinden können, weil es Gegenpole gibt.

      Ganz herzlich,
      Tania

      • Ja, stimmt. Gut, wenn es alles gibt…

        Zufriedenheit und Unwohlsein

        Orientierungslosigkeit und Intuition

        Schönheit und Abgestoßensein

        Inniglichkeit und Konflikt

        Schon die Wortpaare sind viel zu spannend, um sich nur eines der beiden Wörter davon herauszupicken… 🙂

  4. Ich glaube an die Auferstehung und das ewige Leben.
    In meinem irdischen Leben habe ich einigen dummen Mist gemacht.
    Es ist eine Mischung aus Hell und Dunkel.
    Ich muß zugeben so richtig glücklich bin ich nicht, was man kaum
    zuzugeben wagt.
    Sehr schöner kleiner Artikel.

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