Ich hatte vor einer ganzen Zeit mal eine Postkarte aus einer Kunstbuchhandlung mitgenommen, an die ich gerade in diesen Tagen wieder viel denken muss. Es ist nicht viel zu sehen auf dieser Karte: ungefähr mittig befindet sich ein runder Stempelabdruck, der sagt: ABGELEHNT.
Wie bezeichnend, dass ich diese Postkarte sofort auf mich bezog, denn diese Karte zeigte meine wohl tiefste Urangst auf eine so lapidare Weise, dass ich hätte schreien können vor Schmerz. Und ich glaube, sie zeigt ein Lebensdrama, das sicher viele kennen und immer wieder erleben.
Abgelehnt zu werden von anderen Menschen ist – zumindest für mich – etwas zutiefst Schmerzhaftes. Früher erschien es mir sogar fast lebensbedrohlich, denn, so empfand ich es, nur Zuneigung sicherte mir meine Daseinsberechtigung.
Klar weiß mein Kopf, dass mich nicht jeder mögen kann, aber mein Herz möchte genau das: gemocht und geliebt werden. Erst in den letzten Jahren habe ich erkannt, wie viel Kraft mein Herz ins Hoffen investieren kann, anderen Menschen zu zeigen, dass ich es wert bin, gemocht und geliebt zu werden. Ich habe so viel (zu viel?!) getan dafür, den Abgelehnt-Stempel zu vermeiden und dennoch hat er mich viele Male getroffen.
Interessanterweise wusste ich immer instinktiv, welche Menschen mich nicht annehmen konnten, und genau diese Menschen wollte ich vom Gegenteil überzeugen. Immer in dem Glauben, wenn ich mich doch nur richtig zeige und wenn sie nur all das sehen in mir, was ich sehen und spüren kann, dann werden sie mich lieben können.
Hat leider nicht funktioniert. Nicht bei einem einzigen von diesen Menschen. Heute erkenne ich langsam, dass ihre Ablehnung mindestens so viel mit ihnen selbst zu tun hat wie mit mir, während ich früher dachte, das läge ausschließlich an mir und meiner Persönlichkeit. Auch heute fürchte ich den Stempel noch immer, aber ich kann ihn besser aushalten, weil ich gewachsene Selbstannahme dagegensetzen kann. Und vielleicht ermöglicht mir genau diese Selbstannahme etwas ganz Wichtiges zu begreifen: nämlich dass dieser Stempel eigentlich auch noch etwas anderes besagt:
Liebe Tania,
es ist schon faszinierend, wie auch ich immer mehr feststelle, dass Gefühle letzlich mit mir selbst zu tun haben. Ich danke Dir für Deine Worte und das Beschreiben dieser, Deiner Empfindungen.
Auch für mich, war das Thema „Ablehnen“ und „abgelehnt“ fühlen, ein sehr großes Thema!:) Für mich war es so, dass ICH – bedingungslos – lieben WOLLTE! Das hieß damals für mich, nimm ALLES an und lehne nichts ab! 🙂 Ohje, was habe ich mir das schwer gemacht… Ich wollte alles und jeden verstehen und lieben – nur MICH SELBST habe ich damit nicht verstanden, abgelehnt und verloren. Ich habe mich in mir selbst sowas von verdreht, nur um ALLE ANDEREN zu lieben!
Irgendwann merkte ich dann – ich DARF ablehnen und muss nicht immer JA zu allem sagen! Das war so eine innere Erleichterung!
Ich war BEREIT für diese Erkenntnis! Diese Erkenntnis, dass ich das Ablehnen abgelehnt habe, fand ich damals schon echt krass! Heute fällt es mir viel leichter dankend abzulehnen, oder auch mich von anderen selbst abgelehnt zu fühlen.
Es fühlt sich auhtentisch für mich an! Ich habe diese vermeintliche „Schattenseite“ endlich für MICH angenommen und dadurch fällt es mir immer leichter andere Menschen zu verstehen, mit ihnen mitzufühlen und das mit inneren Frieden in mir… Ein tolles Gefühl… 🙂
Wie heißt es so schön: Wenn der Schüler BEREIT ist, ist der Lehrer da! Ohje, ich habe KEINE Quellenangabe für diese Worte und es macht nichts, wenn mich jemand deshalb ablehnt! 😉
Ich finde diese Worte trotzdem toll!
In diesem Sinne, alles Liebe für Dich Tania und wünschen wir uns allen immer wieder neue und hilfreiche Erkenntnisse die uns zu uns selbst führen …
Bis bald mal wieder! 🙂
Ah, das ist ein wichtiger Aspekt, den Du da beleuchtest, Elke! Hah, das war mir so tatsächlich auch noch nicht bewusst und ja, das kenne ich auch sehr gut.
Danke!
Ein lieber Gruß,
Tania
Liebe Tania!
Wieder mal mitten ins Herz Dein Beitrag. Auch ich sehne mich danach, von jedem gemocht zu werden und habe lange Zeit alles dafür getan. Mit der Enttäuschung kam ich teilweise schlecht zurecht, so dass ich echt gelitten habe, wenn mir deutlich die Ablehnung entgegenkam. Durch Höhen und Tiefen auf meinem Weg hat sich dann aber zum Glück doch eine andere Sichtweise ergeben. Denn ich bin irgendwann darauf gekommen, dass auch ich nicht jeden Menschen mag und ihm Ablehnung entgegenbringe. Und dann habe ich die Menschen beobachtet, wie sie damit umgehen. Einige hat es nicht gestört und bei anderen habe ich doch gemerkt, dass auch sie nicht gut damit umgehen konnten. Das hat mich sehr zum Nachdenken angeregt und ich habe intensiver in den Spiegel geguckt. Klar gibt es mir immer noch einen Stich, wenn ich abgelehnt werden, aber dann sage ich mir, ich tue es doch auch und jeder hat das Recht dazu, denn nicht jeder muss jeden mögen, da wir Menschen alle (zum Glück) sehr verschieden sind. Jetzt kann ich mich schneller loslösen von Enttäuschung und Traurigkeit und habe festgestellt, dass doch immer wieder Menschen, die mich mögen – und ich sie auch – in mein Leben treten. Und das ist viel wertvoller. Denn es bringt dem Herzen Freude. Enttäuschung und Traurigkeit rauben viel zu viel Energie. Aber es ist auch immer wieder nötig, daran zu arbeiten.
Und Tania, die, die wir Dir folgen, mögen Dich!
Liebe Grüße
Monika
Ganz, ganz herzlichen Dank für Deine Zeilen, Monika.
Ein lieber Gruß für Dich,
Tania
Liebe Tania,
ein Artikel, der mir mitten ins Herz spricht.
Auch für mich fühlte es sich total lebensbedrohend an, abgelehnt zu werden. Ich weiß mittlerweile, dass diese Erfahrung aus meiner Kindheit stammt. Und diese Erfahrung ist für ein Kind derart schmerzhaft und existenzbedrohend, dass es aus reiner Überlebensstrategie alles dafür tut, bloß nicht abgelehnt zu werden. Sonst muss es sterben – so ist das Gefühl.
Es wurde bei mir zu einem ganz tief verinnerlichten Grundgefühl, das zu erkennen und zu durchbrechen für mich bis heute schwer ist.
Und obwohl ich viele Jahre alles, wirklich alles dafür tat, nicht abgelehnt zu werden, geschah und geschieht es natürlich – ich werde abgelehnt, von diesem oder jenem Menschen, es ist nicht zu verhindern, nicht zu umgehen. Es ist sogar völlig normal, wie ich heute weiß.
Genauso wie auch ich selbst manche anderen Menschen ablehne. Ja, das tue ich, auch wenn ich es mir, meinem alten Muster folgend, lange Zeit selbst verboten, mir nie zugestanden habe.
Manchmal habe ich sogar zur Projektion gegriffen: ich fühlte mich von einem anderen Menschen abgelehnt – aber in Wirklichkeit wollte ich selbst mit ihm nichts mehr zu tun haben. Nur weil ich das nicht spüren „durfte“, kehrte ich das ganze um, und übertrug die Ablehnungsgefühle auf ihn.
Und während ich noch haderte und litt, weil ich glaubte, dass ein anderer Mensch mich ablehnte, konnte sich auf einmal ein ganz zartes Gefühl einstellen: oh, ich selbst bin es ja, die hier ablehnt! Das zu erkenne, erschreckte mich einerseits (ich werde vom „Opfer“ zur „Täterin“), andererseits aber gibt es mich mir selbst ein Stück weit wieder.
Herzliche Grüße an alle hier
Ulla
Liebe Ulla,
auch Dir ein herzliches Dankeschön für Deine Zeilen, die ich nur allzu gut nachvollziehen kann.
Einen lieben Gruß auch für Dich,
Tania
Hallo Ulla, ich muss jetzt einfachmal auf diese Artikel reagieren. Weiß nicht mal, ob die Beiträge überhaupt noch aktuell sind oder gelesen werden. Ganz speziell geht es mir um das Thema Projektion. Das was Du beschreibst, habe ich 1 zu 1 genauso erlebt und erfahren. Es ging um meine Partnerschaft. Über 20 Jahre habe ich dieses Spiel gespielt – weil er mich so sehr halten wollte, liebte. Bis ich mich letztlich so schlecht und schuldig gefühlt habe, dass es mich im wahrsten Sinne verrückt und wahnsinnig gemacht hat. Wir sind / waren verbunden durch Firma (Familienbetrieb), Familie und 2 Kinder. Vor 2 Jahren habe ich mich zur Trennung entschieden. Es fällt mir jedoch immetnoch schwer, wirklich loszulassen. Manchmal wünsche ich mir dass ich in der Lage gewesen wäre, seine Liebe anzunehmen – vielleicht aber auch überhaupt Liebe annehmen zu können. Naja, wird schon werden.
LG von Martina