Gedanken zur Aufmerksamkeit

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Gedanken zur Aufmerksamkeit

In meinen Texten bin ich eigentlich eher unpolitisch, weil es mir hier vor allem um die ganz persönlichen Themen geht. Aber wir alle sind ja Teil unserer Gesellschaft und heute möchte ich die aktuellen Anlässe in Hamburg für einige Gedanken zum Thema „Aufmerksamkeit“ nutzen, denn auch das hat viel mit Achtsamkeit zu tun. 

Ich wohne in unmittelbarer Nähe von Hamburg und war in den Tagen des G20-Gipfels auch in der Stadt, einmal zu einem Konzert und einmal auf einer der Großdemos am Samstag. Die Art und Weise der Berichterstattung und wozu dieses Ereignis genutzt und vor allem eben auch nicht genutzt wurde, hat mich wieder einmal sehr nachdenklich darüber gemacht, welch‘ große Bedeutung unsere Aufmerksamkeit hat und wie wenig wir uns dessen offenbar bewusst sind. 

Es kamen die 20 mächtigsten Menschen der Welt nach Hamburg, um Themen und Entscheidungen zu besprechen, die uns alle betreffen. Es gab große Themen wie Klimaschutz und Welthandel und daraus heraus ausreichend wichtigen Diskussionsstoff, der uns alle bewegen sollte. Man hätte annehmen können, dass diese Themen die Medien füllen, aber weit gefehlt. Die Aufmerksamkeit bekam eine Minderheit an gewaltbereiten Krawallmachern. Über sie wurde berichtet und immer und immer wieder wurden Fotos von ihren Untaten in allen Einstellungen gezeigt. Mehr noch, wir alle sprangen mit auf: Nur noch Gespräche über die Gewalt in Hamburg, in den sozialen Medien wurde gepostet und geteilt, was das Zeug hielt, und jeder gab noch seiner eigenen Sorge und Betroffenheit Ausdruck. Die Folge: Bestürzung, Angst, Fassungslosigkeit, Lähmung und brennende Autos als Symbol für den Gipfel in Hamburg, nicht aber inhaltliche Diskussionen um die für uns alle so wichtigen Themen, nicht die Friedlichkeit von vielen Zehntausenden, die aktiv geworden sind und auch nicht die vielen konstruktiven Gedanken und Ansätze von denen, die etwas zum Positiven verändern wollen. Was für ein trauriger Erfolg für die, die Krawall machen und letztlich auch ganz schön praktisch für die Mächtigen der Welt, die auf diese Weise weiter ungestört ihr Ding durchziehen können…

In der Tierausbildung gibt es das so genannte Clickertraining, in dem erwünschtes Verhalten positiv verstärkt (durch Aufmerksamkeit und Lob) und unerwünschtes ignoriert wird. Wir clickern gleichsam anders herum: Wir belohnen unerwünschtes Verhalten, indem wir es in den Mittelpunkt unserer Aufmerksamkeit stellen und ignorieren oder zumindest vernachlässigen erwünschtes Verhalten, wie inhaltliche Diskussionen, konstruktive Projekte usw. Aufmerksamkeit lenkt Energie und jeder Einzelne von uns kann entscheiden, worauf er seine Aufmerksamkeit richtet, wofür er sein Geld ausgibt und womit er seine Zeit verbringt – wenn wir das wirklich begreifen, kann sich sehr, sehr viel ändern.

Ich wünsche mir eines: dass jeder einzelne von uns sich seiner Macht bewusster wird, der ungeheueren Macht, die wir alle haben, nämlich als Konsumenten. Geld regiert unsere Welt und durch unsere Konsum-Entscheidungen können wir tatsächlich die Welt verändern und damit auch durch unseren Medienkonsum.

Stellen wir uns doch nur mal für einen Moment vor, dass die vielen Zehntausende, die in Hamburg auf den friedlichen Demos waren, darüber im selben Verhältnis Fotos und Artikel posten würden und wenn die Medien über sie im entsprechenden Verhältnis berichten würden… – der G20-Gipfel in Hamburg wäre nicht mit brennenden Autos verbunden, sondern mit Frieden, Gesprächen und klugen Gedanken…

Wow…, oder?

Aufmerksamkeit

1 Kommentar

  1. Danke, Du hast sehr schön meine Gedanken und Gefühle in Worte gefasst. Auch hier gilt, wo bleibt der Inhalt, wenn sich hauptsächlich an Äußerlichkeiten orientiert wird.

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